Neun Jahre mütterliche Begleitung, das ist ein Rekord unter Säugetieren. Sumatra-Orang-Utans haben richtig lange Zeit, um sich die wichtigsten „Life Skills“ von ihrer Mutter abzuschauen. Doch bringen diese ihrem Nachwuchs auch aktiv Fertigkeiten bei? Das wollten Forscher des Max-Planck-Instituts für Verhaltensforschung wissen. Bisher hatte der Fokus in Studien mehr auf dem Lernverhalten der Jungen und weniger auf dem Lehrverhalten der Mütter gelegen.
Tagespunkt 1: Futtersuche …
Viele Lernthemen der Menschenaffen drehen sich um das Thema Futter, welches gut gewählt sein will: Was ist genießbar und was nicht, wie lassen sich bestimmte Früchte öffnen? Dass die Affen durch Beobachtung und Nachahmung lernen, war bereits bekannt. In einer Studie, welche in Zusammenarbeit mit der Schweiz und Indonesien entstand, wurde erstmalig das Augenmerk auf die vermeintlichen Lehrmeisterinnen gelegt, die im Zusammenleben mit ihrem Nachwuchs eher passiv erschienen. Wie gehen die Muttertiere bei der Futtersuche vor und wie reagieren sie auf die Bettelei ihrer Jungen?
Weder proaktiv noch passiv
Die Ergebnisse der umfangreichen Studie zeigten ein interessantes Phänomen im mütterlichen Verhalten: variierende Toleranz. Je nach Futter und Alter waren sie in unterschiedlichem Maße bereit, Essbares mit ihren Jungen zu teilen bzw. zu zeigen, wie ihr Nachwuchs in den Genuss schwer zugänglichen Futters kam. Je jünger die heranwachsenden Orang-Utans waren und je schwerer die Leckerei zu knacken war, desto höher war die Toleranz der Muttertiere. Insgesamt scheinen Orang-Utans aber weniger proaktiv zu agieren als zum Beispiel Schimpansen. Sie reagieren mehr statt aktiv einzugreifen.
Insgesamt gibt es im Tierreich wenige Lehrmeister, deren Verhalten dem von menschlichen Müttern ähnelt. Und auch im Falle der Sumatra-Orang-Utans müssen weitere Studien zeigen, ob die Menschenaffen alle hierfür nötigen sozialen, kognitiven und ökologischen Voraussetzungen mitbringen. (LP)
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