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Internet 23. Juli 2018

Bewertungsportale: Was ist erlaubt?

Rechtsanwalt Burkhard Renner hat sich mit Arztsuchportalen wie Jameda.de beschäftigt und klärt über Neuerungen aus rechtlicher Sicht auf.

Bewertung, Kundenbewertung, Rating; best; Rangfolge; Sprechblasen; Bewertungen; Qualität, Rezensionen; zufrieden, unzufrieden, empfehlen; empfehlung; empfohlen; Geschäft; Sterne; e-business; Kundenrezensionen; freigestellt; freisteller; internet; isolier
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Inhaltsverzeichnis

Aufgrund der stärkeren Internetnutzung und der steigenden Besucherzahlen von Bewertungsportalen wie „Google My Business“, „Jameda.de“ oder „DocInsider.de“ nimmt der Einfluss dort abgegebener Beurteilungen zu. So können negative Bewertungen erhebliche Folgen haben. Bewertete Tierärztinnen und Tierärzte sind allerdings nicht immer wehrlos. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch ein paar aktuellere Urteile ihre Stellung gestärkt.

Veröffentlichung von Arzt-Basisdaten – zulässig?

Vor Gericht spielt schon seit langer Zeit die Frage eine Rolle, ob es Ärzte hinnehmen müssen, dass die personenbezogenen Daten wie Name, akademischer Grad, Fachrichtung etc. ohne Einwilligung öffentlich zugänglich gemacht werden. Hierzu hatte der BGH im Jahre 2014 festgestellt, dass eine Speicherung der beruflichen Daten zur Bewertung von Ärzten zulässig ist. Aktuell hat der BGH jedoch in Bezug auf das konkrete Geschäftsmodell von Jameda.de mit Urteil vom 20.02.2018 (Az. VI ZR 30/17) klargestellt, dass dieses nicht mehr der Fall ist, wenn Jameda.de seine Rolle als „neutraler Informationsvermittler“ verlasse. Eine Dermatologin hatte erreicht, dass ihre Daten bei Jameda.de entfernt werden müssen. Besagtes Portal unterscheide bei der Präsentation der Daten zwischen zahlenden und nicht-zahlenden Ärzten. Während sie bei den nicht-zahlenden Ärzten dem ein Arztprofil aufsuchenden Internetnutzer die „Basisdaten“ nebst Bewertung des betreffenden Arztes anzeigt und ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens „Anzeige“ Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten bietet, lässt sie auf dem Profil ihres „Premium“-Kunden – ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen – werbende Hinweise, die über die örtliche Konkurrenz unterrichten, nicht zu.

Nimmt sich Jameda.de aber in dieser Weise zugunsten ihres Werbeangebots in ihrer Rolle als „neutraler“ Informationsvermittler zurück, dann kann sie ihre auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition gegenüber dem Recht der Ärztin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen. Das führt hier zu einem Überwiegen der Grundrechtsposition der klagenden Ärztin, sodass ihr ein „schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung“ ihrer Daten seitens des BGH zuzubilligen war. Ob dieses jedoch in weiterer Folge dazu führt, dass Ärzte jetzt ihre Daten bei Jameda.de löschen lassen können, ist im Ergebnis fraglich. Denn hier dürfte der Anbieter sein Geschäftsmodell wohl derart nachbessern, dass er als neutraler Informationsvermittler gilt.

Bestreiten des tatsächlichen Behandlungskontakts

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Da die Bewertungen – was rechtlich zulässig ist – regelmäßig anonym erfolgen und kein Anspruch auf Auskunft der Identität des Bewertenden besteht, wird der bewertete Arzt regelmäßig in seinen Patientenakten nachsehen, ob er überhaupt einen dem Bewertungssachverhalt entsprechenden Patientenkontakt in seinen Unterlagen finden kann. Sollte er das kritisierte Geschehen nicht in seinen Aufzeichnungen abgebildet sehen, empfiehlt es sich, dass die Tierärztin/der Tierarzt hier gegenüber Jameda.de zeitnah bestreitet, dass ein solcher Patientenkontakt gemäß der belastenden Bewertung überhaupt stattgefunden hat. Denn nach der Rechtsprechung des BGH muss der Äußernde hier entsprechende Nachweise erbringen. Das hat der BGH in seinem Urteil vom 01.03.2016 (Az. VI ZR 34/15) wie folgt begründet: Der Betrieb eines Bewertungsportals birgt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes an den Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen geltendes Recht in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Arzt weiterleiten müssen. Dieses ist ein strategischer Vorteil für den Bewerteten. Denn der Patient muss darlegen und beweisen, dass er auch bei dem bewerteten Arzt in Behandlung war.


Top Job:


Tatsächliche Anknüpfungspunkte für eine Bewertung

Es ist anerkannt, dass reine Sternebewertungen im Internet als Meinungsäußerungen gelten. Die Besonderheit von Meinungsäußerungen ist, dass diese grundsätzlich hinzunehmen sind, wenn sie nicht ausnahmsweise als sogenannte Schmähkritik beleidigend sind und zu weit gehen. Jedoch muss man dann eine Meinungsäußerung – wie eine schlechte Bewertung – nicht hinnehmen, wenn der Bewertung keine hinreichend tatsächlichen Anhaltspunkte zugrunde liegen. So lag es bei einem jetzt von dem Landgericht Hamburg mit Urteil vom 12.01.2018 (Az. 324 O 63/17) entschiedenen Fall. Hier hatte ein Gastronomiebetrieb einen Löschungsanspruch gegen das Bewertungsportal zugesprochen bekommen. Denn das Bewertungsportal wäre verpflichtet gewesen, nach Erhalt des Abmahnschreibens des Klägers, spätestens aber nach Zustellung der Klageschrift den Sachverhalt der Bewertung weiter zu ermitteln und anschließend zu bewerten. Denn hierdurch war der in Rede stehende Rechtsverstoß hinreichend konkret gefasst und war im erforderlichen Maße unschwer zu bejahen. Indem die Beklagte es anschließend dennoch unterließ, mit der bewertenden Person in Kontakt zu treten, hat sie die ihr zukommenden Prüfungspflichten verletzt. Somit war davon auszugehen, dass die „Ein-Stern-Bewertung“ nicht substantiiert war.

Vorgehen gegen falsche Tatsachenbehauptungen

Schließlich gilt immer, dass falsche Tatsachenbehauptungen auf Bewertungsportalen nicht hinzunehmen sind. Wenn Dinge behauptet werden, die dem Beweise zugänglich sind, dann müssen diese auch stimmen. Es besteht kein Rechtsschutz für unwahre Äußerungen. Zugunsten des sich einer belastenden Bewertung gegenüberstehenden Arztes gilt im Übrigen, dass die Beweislast für die Wahrheit einer Tatsachenbehauptung grundsätzlich der Äußernde trägt (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2012 – VI ZR 315/109). Das Bewertungsportal ist dabei rechtlich regelmäßig als sogenannter Störer anzusehen, gegen den ein Unterlassungsanspruch von Rechts wegen grundsätzlich geltend gemacht werden kann.

Fazit

Es ist nicht unmöglich, gegen belastende Bewertungen vorzugehen. Vielmehr bestehen durchaus rechtliche Möglichkeiten, belastende Äußerungen löschen zu lassen. Oft kann schon eine anwaltliche Abmahnung hier zu den gewünschten Ergebnissen führen.

Über den Autor

Burkhard Renner ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht für gewerbliche und privaten Mandanten. Seine Kanzlei hat ihren Sitz in Köln.

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