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Trauerbegleitung

Euthanasie: Was würden Sie tun, wenn es Ihr Tier wäre?

Die Entscheidung, was mit einem schwerkranken Tier getan werden sollte, kann Tierhalter sowohl emotional als auch finanziell überfordern.

Ein Herz aus hellem Stein auf Steinboden liegend

Von Lisa-Marie Petersen
„Du warst mein ganzer Lebensinhalt, mein vollkommenstes Glück!“ – wer die Beschriftungen der Grabsteine auf Tierfriedhöfen liest, wird sehen, wie innig die Mensch-Tier-Beziehung heutzutage ist. Hunde, Katzen, Vögel oder Pferde werden als Lebensbegleiter, Familienmitglieder, Partnerersatz und Seelenverwandte wahrgenommen. Erkranken die so innig geliebten Vierbeiner schwer, setzt dies eine Flut unterschiedlicher Emotionen frei: Überforderung, Furcht, Trauer und Angst – auch vor der eigenen Sterblichkeit – bestimmen und lähmen plötzlich den Alltag. Manchmal ist ein Tier der letzte Anker zu bereits verstorbenen Personen oder erinnert an vergangene, glücklichere Zeiten. „Die Entscheidungen am Lebensende bergen viel Konfliktpotenzial“, erklärt Biologe und Theologe Dirk Preuß vom Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie der TiHo Hannover.

„Ciao Bello!“

Was geht in Tierbesitzern vor, wie trauern Menschen und wie können Tierärzte mit ihrer Verantwortung für Tier und Halter umgehen? All dies waren Themen der offenen Ethik-Veranstaltung „Ciao Bello“ an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. „Besitzer haben Angst, sich zu früh oder zu spät für eine Euthanasie zu entscheiden“, weiß Anästhesistin und Schmerzexpertin Julia Tünsmeyer (Klinik für Kleintiere, TiHo). Dabei können auch Schuldgefühle eine Rolle spielen, wenn die Behandlung den finanziellen Rahmen sprengt oder als unangemessen empfunden wird. Während ihrer Arbeit in der Intensivmedizin hört die Tierärztin häufig dieselbe Frage: „Was würden Sie tun, wenn es Ihr Tier wäre?“ Besitzer erwarten hierbei nicht nur, dass ein Tierarzt Prognosen sicher einschätzen kann, sondern wünschen sich auch eine umfassende Hilfe bei der Entscheidungsfindung. „Diese Sicherheit und Kompetenz muss erst wachsen“, so Tünsmeyer. Schließlich verläuft jeder Fall sehr individuell, Wunder gibt es immer und jeder Kliniker wird von eigenen Erfahrungen beeinflusst. Tierärzte sollten ihr Tun an den Patienten anpassen und sich immer fragen: Welche meiner Behandlungsmöglichkeiten schöpfe ich aus? Wie sehr leidet das Tier? Ist der Krankheitszustand nur vorübergehend?

Laut Julia Tünsmeyer und Dirk Preuß kommt es am Lebensende eines Tieres auf Empathie sowie eine offene und ehrliche Kommunikation an. So müsse z. B. VOR dem Setzen der finalen Spritze darauf hingewiesen werden, dass Zuckungen und Krämpfe auftreten können. Besitzer sollen nicht denken, dass das Tier gegen den Tod ankämpft.

Über die Autorin
Als Tierärztin horcht Lisa-Marie Petersen gern am Ort des Geschehens nach: Was beschäftigt die Tiermedizin derzeit? Interessante Themen verarbeitet die Fachjournalistin dann in redaktionellen Beiträgen für Print- und Onlinemedien.

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