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Multiresistenzen

Kampf mit den Problemkeimen

Therapieassoziierte Infektionen mit multiresistenten Bakterien nehmen in den letzten Jahren deutlich zu. Sie gefährden nicht nur die Patienten, sondern auch das Personal.

Von Dr. med. vet. Viola Melchers

Nach wie vor gibt es in der Veterinärmedizin nur wenige Daten zu nosokomialen, also mit Klinikaufenthalten assoziierten, Infektionen. Doch ein neues Phänomen sind sie nicht.

Multiresistente Keime nehmen zu

Besonders empfänglich werden Patienten, wenn sie lange und intensiv stationär therapiert werden. Mit dem medizinischen Fortschritt und den zunehmend älteren Haustieren behandeln auch Tierkliniken öfter solche Risikopatienten. In der Tiermedizin werden noso­komiale Infektionen bei Hund, Katze und Pferd vor allem im Zusammenhang mit postoperativen und anderen Wundinfektionen, Zentralvenenkatheter-Infektionen und Katheter-assoziierten Harnwegs­infektionen beschrieben.

Die Berichte über das ­Vorkommen multiresistenter Keime im Zusammenhang mit dem Risikofaktor Klinikaufenthalt nehmen zu. Erstaunlicherweise gibt es über Ausbrüche nosokomialer Infektionen deutlich weniger Literatur.

Hinter nosokomialen Infektionen stecken opportunistische Erreger, die oft asymptomatisch auf der Haut oder Schleimhaut ihrer Träger sitzen. Doch wenn sie bei Patienten, deren Abwehr durch andere Erkrankungen geschwächt ist, ins Körper­innere oder in vorgeschädigte Gewebe eindringen, können sie schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Hinzu kommt, dass klinikassoziierte Keime sich an ihre Umgebung anpassen und multiple Resistenzen gegen Antibiotika ansammeln können. In der Tiermedizin stehen folgende Bakterien häufig mit klinikassoziierten Infektionen in Verbindung:

  • Methicillin-resistente Staphylokokken (MRS) inklusive Methicillin-resistente Staphylokokkus aureus (MRSA)

  • Staphylokokkus pseudintermedius (MRSP)

  • Extended-Spectrum Beta-Lactamase (ESBL) bildende Enterobakterien

  • Acinetobacter baumannii

Gefahr für Tierärzte und TFA

Wer mit Tieren arbeitet, hat ein höheres Risiko, sich mit zoonotischen Bakterien zu infizieren. Das haben inzwischen mehrere Studien gezeigt. Bei der Arbeit mit kranken Tieren nimmt das Risiko noch zu. Über 60 Prozent aller infektiösen Erkrankungen sind Zoonosen. Zwischen Tier und Mensch übertragbar sind auch die oben genannten multiresistenten Erreger. Hohe Infektionsraten bei den tierischen Patienten sind damit immer auch ein Risiko für Personal und Besitzer.

Systematische Überwachung

Um die Übertragung multiresistenter Keime auf Tier und Mensch zu limitieren, ist es essenziell, einen Ausbruch in einer Klinik möglichst frühzeitig zu erkennen. Zu empfehlen ist daher ein Überwachungssystem, mit dem klinikassoziierte Infektionen systematisch entdeckt und analysiert werden.

Hygienemanagement und Infektionskontrolle müssen den individuellen Gegebenheiten jeder Klinik (Erreger, Patienten-Population, Personal etc.) angepasst werden. Wichtig sind klare Verantwortlichkeiten, ein strukturiertes Konzept und regelmäßige Fortbildungen zu Themen wie Händedesinfektion oder Verbandswechsel.

Tipps zur richtigen Desinfektion der Hände

Aus Zeitgründen oder Angst vor Hautschäden wird jede zweite notwendige Händedesinfektion ausgelassen. Dabei wirkt die hygienische Händedesinfektion Wunder bei der Unterbrechung von Infektionsketten. Ein alkoholisches Händedesinfektionmittel entfernt die Bakterienflora fast vollständig, während Händewaschen sie nur um ein bis zwei Zehnerpotenzen reduziert.

Wann desinfizieren?

  • vor Tierkontakt

  • nach Kontakt mit potenziell ­infektiösem Material

  • vor einer aseptischen Tätigkeit

  • nach Tierkontakt

  • nach Kontakt mit der unmittelbaren Tierumgebung (z. B. Stall)

Wie desinfizieren?

  • mit einem VAH-gelisteten alkoholischen Desinfektionsmittel

  • 30 Sekunden lang einreiben

  • jeder muss seine eigene Einreib-Technik finden

  • den Handrücken nicht vergessen (dort befinden sich Desinfektionslücken fast immer)

Und Hände waschen?

  • so selten wie möglich (Handschuhe schützen vor grobem Schmutz)

  • danach unbedingt eincremen, weil Seife die Haut stark austrocknet

Über die Autorin

Als Fachjournalistin arbeitet Dr. med. vet. Viola Melchers vor allem für die Fachzeitschrift Der Praktische Tierarzt und das Portal vetline.de. Die promovierte Tierärztin schreibt über Spannendes aus der veterinärmedizinischen Praxis und Wissenschaft.

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