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Steckbrief

So beugen Sie Verhaltensstörungen bei Zwerghamstern vor

Die Haltung von Zwerghamstern empfiehlt sich in Pärchen oder gemischten Gruppen.

Hamster mit Nahrung
Inhaltsverzeichnis

Von Dr. med. vet. Patricia Solms

Macht sich ein Halter vor der Aufnahme eines Heimtiers schlau, weiß er über dessen Bedürfnisse Bescheid und kann so möglichen Verhaltensstörungen vorbeugen.

Systematik

Mäuseverwandte – Mäuseartige – Hamster

Lebenserwartung

Dsungarischer Zwerghamster 2–3 Jahre, Roborowski Zwerghamster 1,5–2 Jahre

Geschlechtsreife

Dsungarischer Zwerghamster 4–5 Wochen, Roborowski Zwerghamster nach 14–24 Tage

Herkunft

Mittlerweile sind ca. 20 verschiedene Zwerghamsterarten entdeckt worden. Am häufigsten als Heimtiere gehalten werden der Dsungarische Zwerghamster, der Campbell-Zwerghamster und Hybriden aus beiden Arten sowie der Roborowski-Zwerghamster. Die Herkunft der Zwerghamster ist unterschiedlich.

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Dsungarischen Zwerghamster ist Kasachstan und Südwest-Sibirien. Sie wohnen in relativ kargen Steppengebieten und ernähren sich in erster Linie von Gräsern, Kräutern und Insekten. Ihre natürliche Fellfarbe ist grau, mit einem dunklen Rückenstrich und weißem Bauch. Im Winter wechseln sie ihr Fell und werden weiß, ein Indiz dafür, dass sie keinen Winterschlaf halten bzw. auch im Winter aktiv sind und auf Futtersuche gehen müssen. Allerdings können sie im Winter ihre Körpertemperatur absenken, um weniger Energie zu verbrauchen (Torpor). Dabei zehren sie eher von Fettreserven und nehmen an Gewicht ab. Die Tiere leben in freier Wildbahn teilweise allein, mitunter auch als Paar. Der Bock wird häufig allerdings nach erfolgreicher Befruchtung vor der Geburt aus dem Nest vertrieben und lebt dann allein.

Was die Rennmaus braucht
Mongolische Rennmäuse sollten bevorzugt in Paaren oder kleinen Gruppen gehalten werden. In großen Gruppen entstehen oftmals Rangordnungskämpfe.

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Campbell-Zwerghamster ist die Mongolei sowie die Mandschurei, auch in Nordchina und im südlichen Zentralsibirien wurden sie schon gefunden. Sie leben ebenfalls in kargen Steppen. Campbell Zwerghamster zeigen bei der Zucht eine große Farbenvielfalt. Es gibt sie von hell bis dunkel in allen Farbschattierungen. Sie sind etwas scheuer dem Menschen gegenüber. Wild lebend halten auch sie keinen Winterschlaf, sie färben sich aber nicht um, wie der Dsungare.

Die Roborowski-Zwerghamster sind die kleinsten der drei Zwerghamster. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet ist der Osten Kasachstans und der Norden Chinas. Dort leben sie in Wüsten und Halbwüsten und ernähren sich recht karg von Gräsern und Kräutern, weshalb man gerade bei diesen Tieren auf eine fettarme Kleinsämereien-Mischung mit Kräuteranteil achten sollte. Sie haben ein sandfarbenes Fell, helle Flecken über den Augen und der Bauch ist weiß. Sie haben keinen Rückenstreifen. Ihre Fußsohlen sind behaart, über den Augen zeigt das Fell helle Streifen. In der Zucht gibt es kaum Farbmutationen. Ihre natürliche Lebensweise ist kaum erforscht, vermutlich leben sie in freier Wildbahn als Paar zusammen und ziehen ihre Jungen gemeinsam auf.

Ernährung

Hochwertige Körnermischungen für Zwerghamster aus dem Handel, in denen hauptsächlich fettarme Saaten und Körner enthalten sind, ergänzt durch verschiedene Gemüsesorten und Kräuter, bieten eine gute Ernährungsgrundlage für die domestizierten Tiere. Auch tierisches Eiweiß ist in den Fertigmischungen oftmals schon enthalten.

Sozialverhalten

Für Dsungarische Zwerghamster ist beschrieben, dass es nach der Trennung bislang dauerhaft verpaarter Tiere zur Gewichtszunahme sowie zu Verminderung sozialer Interaktion und explorativen Verhaltens kam. Weitere Hinweise auf eine zumindest zeitweise soziale Lebensweise bei Dsungarischen Zwerghamstern wurde in Tierversuchen beschrieben, die die weitläufige Meinung vom strikten Einzelgänger widerlegen. 

Campbell-Zwerghamster betreiben eine gemeinschaftliche Brutpflege und es wird vermutet, dass sie monogam leben (in Paargemeinschaft mit Nachwuchs). Als Heimtiere gehalten leben sie meist im Familienverbund zusammen. Auch gleichgeschlechtliche Paare oder sogar Gruppen leben mitunter über einen langen Zeitraum friedlich zusammen. Die Verträglichkeit hängt zum Großteil von der jeweiligen Zuchtlinie ab. Bei dauerhaften Unverträglichkeiten unter erwachsenen Tieren wäre eine Einzelhaltung dieser Tiere empfehlenswert. 

Was Halter über Degus wissen sollten
Der Degu braucht Gesellschaft und eignet sich keinesfalls für die Einzelhaltung.

In der Heimtierhaltung wurden beim Roborowski Zwerghamster gute Erfahrungen mit Geschwisterhaltung gemacht, aber auch dort sollten die Tiere getrennt werden, wenn es zu dauerhaften Unverträglichkeiten kommt. 

Diese Beispiele lassen annehmen, dass bestimmte Zwerghamster-Arten den regelmäßigen Sozialkontakt zu anderen Artgenossen brauchen. Dementsprechend sollte Einzelhaltung nur dann eine Lösung sein, wenn einzelne Tiere sich überhaupt nicht mit anderen vergesellschaften lassen und es zu anhaltenden Streitigkeiten kommt (intraspezifische Aggression).

Verhaltensauffälligkeiten

Da die Zwerghamster in der Natur üblicherweise als Paare oder Familiengruppen auftreten, könnten einige Probleme der intraspezifischen Aggression in der Heimtierhaltung daran liegen, dass viele Halter die Pflege in rein gleichgeschlechtlichen Konstellationen versuchen – was in der Natur nicht vorkommt. Somit sollte in menschlicher Obhut in vielen Fällen möglicherweise besser auf die gemeinsame Haltung gleichgeschlechtlicher Paare verzichtet und stattdessen eine dauerhafte Paarhaltung von einem (kastrierten) Männchen mit einem Weibchen bevorzugt werden. Doch nicht nur die intraspezifische Aggression spielt eine Rolle, sondern auch Angst und interspezifische Aggression gegenüber den Haltern sind nicht selten.

Als manifestierte Verhaltensstörung beim Zwerghamster tritt der Kronismus auf, welcher bei Eiweißmangel, andauerndem Stress, Überbesatz und Platzmangel auftreten kann. Richtlinien der TVT (2013) besagen, dass für alle Zwerghamster eine Gehegegröße mit den Mindestmaßen von 100 x 50 x 50 cm (L x B x H) erforderlich ist, die es ermöglicht, eine mindestens 20 cm tiefe grabfähige Bodenschicht einzubringen. 

Der Schwerpunkt der drei Bände liegt bei den medizinischen Inhalten der Ausbildung.
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Die Einstreu sollte zu je einem Drittel mit Heu und Stroh gemischt werden. Zur Stressreduktion sollten mehrere Unterschlupfmöglichkeiten, Röhren und Wurzeln zur Verfügung stehen. Zernagbares Material wie Papier, unbedruckter Karton und Äste beschäftigen die Nager und dienen als strukturgebende Elemente zur Anlage künstlicher unterirdischer Tunnel und Kammern. Ein Sandbad mit Chinchillasand ist zur Fellpflege und für das Wohlbefinden ebenfalls erforderlich. 

Über die Autorin

Dr. med. vet. Patricia Solms ist Tierärztin und Praxisinhaberin mit der Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie. Sie ist zudem Sachverständige für Sachkunde- und Wesensprüfungen.

Buchtipp

Viele nützliche Informationen zur artgerechten Haltung von Heimtieren bietet der Praxisleitfaden „Verhaltensprobleme bei Nager, Reptil & Co. – Von den Grundlagen bis zum Management“. Dorothea Döring, Petra Kölle, Walter Lantermann, Barbara Schneider, Patricia Solms und Daniele Zurr geben Tipps für die tägliche Praxis und beschreiben nachvollziehbare Therapieansätze verhaltensauffälliger Heimtiere. Mit zahlreichen Hand-Outs für Patientenbesitzer zum Downloads und Videos. Das Buch können Sie hier vorbestellen. Erscheint: 30.04.2022

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