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Heimtiere 14. Juli 2020

Stationäre Unterbringung und Versorgung

Jeder Tierarztbesuch bedeutet Stress. Insbesondere Heimtiere sind als Fluchttiere sehr stressempfindlich. Wann ist ein stationärer Aufenthalt sinnvoll und wie kann man ihn optimal gestalten?

Von Dr. med. vet. Yvonne Eckert

Steht ein chirurgischer Eingriff bevor, ist eine stationäre Aufnahme des Patienten am Vortag der Operation – sofern möglich – absolut sinnvoll, um das Anästhesierisiko zu senken. Das Tier kann sich so vom Transport zum Tierarzt erholen, an die neue Umgebung adaptieren und in Ruhe auf die Anästhesie vorbereitet werden.

Aber auch die Nachsorge von operierten Patienten, genaue Beobachtung von Tieren oder täglich erforderliche Wundtoiletten können manchmal am besten stationär erfolgen. Müssen Tiere mit Medikamenten versorgt werden, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen (z. B. Analgetika wie Butorphanol oder Buprenorphin), oder benötigen sie eine intravenöse Infusionstherapie (z. B. bei der retrograden Spülung der Harnblase in Allgemeinanästhesie bei Harnblasengrieß beim Kaninchen), kann ein kurzfristiger stationärer Aufenthalt ebenfalls unabdingbar sein.

Braucht das Tier mehrmals täglich Augentropfen oder muss mehrfach täglich gepäppelt werden, stoßen Patientenbesitzer oft an ihre Grenzen, dies zeitlich in ihren Alltag zu integrieren. Oft fühlen sie sich einfach nicht in der Lage, ihr Tier selbstständig zu behandeln und sind sehr erleichtert, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Patienten stationär versorgt werden (Harcourt-Brown und Chitty 2013).

Unterbringung

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Heimtierpatienten sollten nach Möglichkeit räumlich getrennt von ihren natürlichen Fressfeinden wie Hunden und Katzen untergebracht werden. Um Ansteckungsgefahren zu verringern, sind infektiöse Tiere räumlich getrennt von anderen zu versorgen.

Bei Patienten, die in Außenhaltung leben, kann es sinnvoll sein, die Raumtemperatur entsprechend anzupassen. Generell sollten die Tiere in einem nicht zugigen, gut gelüfteten und ruhigen Raum bei Temperaturen um 18–21 °C gehalten werden.


Top Job:


Bei der Anamnese ist es sinnvoll, Besonderheiten der Fütterung zu erfragen und bei einem stationären Aufenthalt zu berücksichtigen. Sind die Tiere einzelne Futtermittel nicht gewohnt, sollten diese bei einem stationären Aufenthalt ebenfalls gemieden werden, um nicht zusätzliche Magen-Darm-Probleme zu provozieren. Hier kann es hilfreich sein, den Besitzer zu bitten, spezielle Leckerlis oder besonders beliebte Futtermittel der Tiere für die Dauer des stationären Aufenthalts mitzubringen. Bei Zahnpatienten kann es teilweise erforderlich sein, dass das Futter gerieben wird.

Wasser muss allen Patienten ad libitum (nach Belieben) zur Verfügung stehen. Ob eine Wasserschale oder eine Nippeltränke angeboten wird, sollte individuell nach den Haltungsbedingungen des jeweiligen Patienten entschieden werden.

Das Gewicht der Patienten sollte täglich kontrolliert und auf einem Stationsblatt dokumentiert werden. Neben der selbstständigen Futteraufnahme kann der Urin- und Kotabsatz des Patienten täglich beobachtet und dokumentiert werden. Veränderungen der Kotqualität können genauso wie Auffälligkeiten beim Urinabsatz zuverlässig beurteilt werden. Bei der Beurteilung der Kotqualität ist zwischen normalen Kötteln und der Caekotrophe (Blinddarmkot) zu unterscheiden.

Um Verletzungen beim Handling vorzubeugen, sollten die Tiere stets mit dem Hinterteil zuerst aus dem Käfig genommen werden und auch wieder rückwärts in den Käfig zurückgesetzt werden (siehe Abb. 1). Viele Tiere beginnen zu zappeln und versuchen der Halteperson vom Arm zu springen, sobald sie ihren Käfig sehen.

Besonderheiten Kleinnager

Um Streitereien zu vermeiden, die nach einer vorübergehenden Trennung in der Gruppe auftreten können, sollten bei Kleinnagern wie Degus und Rennmäusen bei einem anstehenden stationären Aufenthalt alle Tiere der Gruppe aufgenommen werden. Lassen sich die einzelnen Tiere nur schwer unterscheiden, kann es hilfreich sein, den Patienten beispielsweise durch eine farbliche Markierung zu kennzeichnen.

Der Käfig bei Kleinnagern sollte so gewählt werden, dass ein Ausbrechen der Tiere verhindert wird. Hierbei ist auf entsprechend enge Abstände zwischen den Gitterstäben zu achten. Versteckmöglichkeiten und Nagematerial sollte den Tieren zur Verfügung stehen.

Besonderheiten Kaninchen und Meerschweinchen

Bei Kaninchen und Meerschweinchen sollte individuell entschieden werden, ob der stationäre Aufenthalt für das Partnertier zu viel Stress bedeutet oder es für die Genesung des Patienten und zur Verminderung von Stress und Streitereien sinnvoll ist, wenn das Partnertier zur Unterstützung dabei ist.

Heu sollte diesen Tieren stets ad libitum zur Verfügung stehen. Ein Häuschen im Käfig dient als Rückzugsort (siehe Abb. 2). Zum Verstecken kann auch ein größerer Heuhaufen angeboten werden. Wenn dies platztechnisch nicht möglich ist, kann auch ein Handtuch, das einen Teil des Käfigs abdeckt, alternativ Schutz bieten. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die Tiere keine Fasern des Handtuchs aufnehmen.

Besonderheiten Frettchen

Frettchen sollten nach Möglichkeit räumlich getrennt von anderen Heimtieren untergebracht werden. Der Käfig kann durch Handtücher weich ausgelegt werden. Gleichzeitig sind diese kostengünstig und leicht zu reinigen. Als Beschäftigung und Rückzugsort können mithilfe von Handtüchern zusätzlich Hängematten gebaut werden (siehe Abb. 3). Eine Ecke mit Katzenstreu kann den Tieren als Toilette angeboten werden. Der Käfig muss unbedingt gut gesichert werden, damit die Tiere nicht ausbrechen können!

Medikamentenapplikation und Handfütterung

Der individuelle Therapieplan und die täglichen Medikamente für den Patienten können auf dem Stationsblatt zusammen mit den Zeiten der Applikation dokumentiert werden. Vor jeder Behandlung ist es sinnvoll, alle benötigten Medikamente vorzubereiten, damit die Behandlung zügig erfolgen kann. Für die orale Eingabe können Spritzen bei Kaninchen und Kleinsäugern leicht über das Diastema (Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen) in die Maulhöhle eingebracht werden (Thöle et al. 2016). Bei der Eingabe von oralen Medikamenten und Handfütterung sollten die Tiere in eine möglichst physiologische Haltung gebracht werden (siehe Abb. oben). Es ist sinnvoll, zunächst die oralen Medikamente zu applizieren, bevor die Handfütterung erfolgt.

Bei der Handfütterung von inappetenten Patienten gilt – je nach Gewichtsentwicklung und Erkrankung – ein Richtwert von 50–100 ml/kg KGW/d, wobei die Menge pro Mahlzeit maximal 20 ml/kg KGW betragen sollte. Der Päppelbrei kann für den gesamten Tag frisch angerührt werden und dann auf mehrere Mahlzeiten aufgeteilt werden. Als Päppelspritzen eignen sich abgeschnittene Tuberkulinspritzen, damit der Päppelbrei eine passende Konsistenz hat, um dem Tier die ausreichende Menge an Nährstoffen zuzuführen. Bei kleineren Patienten wie Degus oder Rennmäusen können auch intakte Spritzen verwendet werden, wenn ein fein gemahlener Futterbrei (z. B. Herbi Care plus® oder Convalescence support®) verwendet wird. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass es nicht zum Abschlucken von Einzelteilen der Spritze kommen kann, um einen Fremdkörperileus zu verhindern (siehe Abb. 4).

Für Herbivore eignen sich Critical Care® oder Herbi Care Plus® zur Handfütterung. Carnivore oder granivore Patienten können mit proteinreicher Ernährung wie Convalescence support® versorgt werden (Thöle et al. 2016).

Bei sehr wehrhaften Patienten oder Tieren, die das Handling nicht gewöhnt sind, kann es hilfreich sein, das Tier in ein Handtuch zu wickeln (siehe Abb. 5).

Eine Applikation von subkutanen Injektionen sollte stets in Kopfrichtung erfolgen, damit das Tier bei einem möglichen Fluchtversuch nicht in Richtung der Kanüle rennt . Zur sicheren Fixierung des Patienten ist meist eine Hilfsperson erforderlich, die den Patienten im Bereich des Schultergürtels und der Hüfte festhält. Nach Kontrolle des korrekten Sitzes der Kanüle durch Aspiration, kann die Applikation subkutan erfolgen (siehe Abb. 6).

Zusammenfassung

Die stationäre Versorgung von Heimtieren ist manchmal zwingend erforderlich. Es sollte gemeinsam mit dem Patientenbesitzer entschieden werden, wann eine stationäre Aufnahme des Tieres sinnvoll ist und wie lange sie erfolgen muss. Je nach Möglichkeiten, die einem in der Praxis zur Verfügung stehen, sollte man versuchen, den Aufenthalt für das Tier so angenehm wie möglich zu gestalten.

Literatur

  • Harcourt-Brown F, Chitty J (2013): Analgesia and postoperative care. In: Harcourt-Brown F, Chitty J. BSAVA Manual of Rabbit Surgery, Dentistry and Imaging. BSAVA, Gloucester UK: 32–33.
  • Thöle M, Köstlinger S, Fehr M (2016): Handfütterung beim herbivoren Kleinsäuger. Veterinärspiegel 1: 10–13.

Über die Autorin

Dr. med. vet. Yvonne Eckert ist Fachtierärztin für Heimtiere/Kleinsäuger und in der Abteilung Heimtiere der Klinik für Heimtiere, Reptilien und Vögel der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover tätig.

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