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Stressfaktoren im Berufsalltag 10. Februar 2020

Stress lass nach – mit einem Lächeln in den Arbeitstag

Auch in der Tierarztpraxis bestimmen Hektik, Multitasking und Konfliktsituationen den Alltag. Damit umzugehen, fordert uns jeden Tag heraus.

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Inhaltsverzeichnis

Von Heike Knuth

Es ist wichtig und und sollte ein Lächeln ins Gesicht zaubern „Arbeiten zu gehen“. Es bedeutet, den Lebensunterhalt zu sichern, soziale Kontakte zu pflegen, das Selbstbewusstsein zu stärken und damit auch Zufriedenheit im Leben zu finden. Andererseits können die hohen Anforderungen im Job – eventuell auch in Kombination mit privaten Belangen – zu chronischen Stresssituationen führen. Eine Studie der Techniker Krankenkasse ermittelte in ihren repräsentativen Befragungen die häufigsten Stressfaktoren der Arbeitswelt:

  • Arbeitsüberlastung,
  • Zeitdruck,
  • Erreichbarkeit,
  • mangelnde Anerkennung,
  • Konflikte innerhalb von Teams,
  • Probleme mit den Vorgesetzten.

Noch ein weiteres alarmierendes Ergebnis stellte sich in dieser Studie heraus: Mehr als jeder Dritte fühlt sich oft erschöpft und ausgebrannt, beziehungsweise hat häufige oder dauerhafte körperliche Beschwerden nach individueller Stressbelastung. (Studie der Techniker Krankenkasse, 2016 )

Nicht jede Stresssituation macht automatisch krank. Aber was bewirkt, dass aus Stress Burnout wird? Stressige Situationen wie eine hohe Arbeitslast oder auch der perfektionistische Anspruch an sich selbst wirken tagtäglich auf uns ein. Wie wir dies für uns bewerten und darauf reagieren, entscheidet darüber, ob wir diese Herausforderungen meistern, oder ob uns der chronisch einwirkende Stress stark in unserem Leben beeinflusst, eventuell auch krank macht.

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Wie erkenne ich persönliche Anzeichen für Dauerstress?

Wie in der Medizin üblich, schaut man nach den Symptomen, forscht nach Ursachen und stellt dann die Diagnose, bevor eine Therapie beginnen kann. Sich der eigenen aktuellen Situation bewusst zu sein, sie bewusst benennen zu können, ist die Voraussetzung dafür, dass Sie für sich wirksame Wege finden können, um den Druck zu reduzieren und Stress zu vermeiden. Das eigene Bewusstmachen von Warnsignalen ist also ein entscheidender Schlüssel im persönlichen Stressmanagement! Fragen Sie sich, bearbeiten und skizieren Sie schriftlich so konkret wie möglich folgende Fragen:


Top Job:


  1. Wie zeigen sich meine persönlichen Stressreaktionen?
  2. Welche konkreten Belastungssituationen führen zu meinen Stresssymptomen? Benennen Sie mindestens drei bis fünf Symptome.
  3. Entstehen die Situationen aufgrund von persönlichen oder arbeitsplatzbezogenen Faktoren?
  4. Welche Strategien würden meiner Meinung nach helfen, diese Belastungssituationen zu bestehen und wie gut kann ich momentan Strategien durchsetzen?

Checkliste „Stresssignale“

  • Ich fühle mich erschöpft.
  • Ich denke, das schaffe ich alles nicht mehr.
  • Ich denke, ich bin so müde und ich habe keine Energie.
  • Ich habe starkes Herzklopfen.
  • Ich fühle mich flau im Bauch, ich muss häufiger auf die Toilette.
  • Ich habe häufig Kopfschmerzen.
  • Ich reagiere extrem emotional.
  • Mir fehlt Selbstvertrauen; obwohl ich mich früher darauf verlassen konnte.
  • Ich bin sehr schnell gereizt, was andere denken und fühlen interessiert mich heute nicht mehr.
  • Ich denke oft, dass alles sowieso sinnlos ist.

(Quelle: Broschüre „Kein Stress mit dem Stress“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin)

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Was ist jetzt zu tun?

Sie haben Ihre konkrete Situation im Arbeitsalltag analysiert und wissen nun ziemlich genau, was Ihren Stress am Arbeitsplatz auslöst. Ist es Ihr Arbeitsumfeld (Verhalten von Chef oder Kollegen, Arbeitszeit, Arbeitsaufgabe, räumliche Bedingungen) oder ist es Ihr Umgang mit bestimmten Situationen?

Grundsätzlich sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um chronischen Erkrankungen vorzubeugen (§ 84 Sozialgesetzbuch IX) und die Arbeitsbedingungen auf die Gefährdung psychischer Belastungen zu überprüfen (Arbeitsschutzgesetz § 5). Der entscheidende Faktor für Ihre Gesundheit, Ihr Wohlbefinden, Ihr Lächeln bleiben aber immer Sie selbst! Für Ihre Stressbewältigung stehen Ihnen je nach Situation mehrere Möglichkeiten des Handelns und Ihre persönlichen Ressourcen zur Verfügung.

Beim problemorientierten Vorgehen wird durch ein Verändern oder das Unterlassen von Handlungen die Problemsituation überwunden. Ein sehr gutes Beispiel dafür sind ein optimiertes Zeitmanagement bzw. optimierte Arbeitsabläufe. Bauen Sie genügend Puffer in Ihre Planungen ein, so bleibt es auch bei Verzögerungen – oder wenn mal etwas schief geht – entspannt.

Andere Belastungssituationen können nicht durch den Einsatz direkter Aktionen Ihrerseits vermieden werden, so beispielsweise die stressige Sprechstundensituation in der Tierarztpraxis oder der tägliche Berufsverkehr mit Staus, Lärm und genervten Menschen. Hier kann Ihnen ein emotionsorientiertes Handeln helfen. Dabei bauen Sie mithilfe unterschiedlichster Entspannungsmethoden oder körperlicher Aktivitäten die durch die Situation entstandene emotionale Erregung ab. Mit dem Erreichen einer entspannten Grundstimmung kann sich Ihr Körper schnell erholen und Sie sind wieder fit für die nächsten Herausforderungen des Arbeitstages. Beliebte Methoden für den schnellen Erholungskick sind Atemübungen oder auch die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen.

In einigen Situationen unseres Lebens aber begegnen uns immer wieder Probleme und Ereignisse, welche für uns unveränderlich sind, sich nicht durch unseren direkten Einfluss lösen lassen und in denen es nicht ausreicht, sich körperlich zu entspannen. „Erfahren von traumatischen Erlebnissen“, „Angst vor Auseinandersetzungen und Konflikten“ oder auch „Leben in eigener perfektionistischer Erwartungshaltung“ sind Stressbelastungen, für die Akzeptanz und Neubewertung gute Handlungsalternativen sein können. Durch eine neue Bewertung wird der Stressor als nicht mehr „bedrohlich“ empfunden. Das passiert natürlich nicht sofort, sondern ist ein längerer dynamischer Prozess.

Mein persönliches Stressmanagement gestalten

Was also ist das Rezept für ein glückliches Arbeiten? Stress erlebt jeder. Für die einen wird er zur chronischen Dauerbelastung, für die anderen nicht und einige scheint Stress sogar zu beflügeln. Inzwischen weiß man: Es ist oft die Art mit dem Stress umzugehen, die darüber entscheidet, ob er ein Risiko darstellt zu erkranken oder nicht. Das ist eine gute Nachricht. Denn wenn Sie für sich eindeutige Stresssignale feststellen konnten, haben Sie es selbst in der Hand, Ihr „Lächeln“ zurückzugewinnen.

Ein individuelles Stressmanagement setzt sich – wie im vorherigen Abschnitt erklärt – aus den drei Ansatzpunkten zusammen:

  1. dem Management von strukturellen Problemsituationen,
  2. dem Management von Situationen mithilfe von Entspannung,
  3. dem Management durch eine mentale Neubewertung von Stresssituationen.

Nun stellt sich für Sie die Frage: Welche Bewältigungsstrategien sind für mich in welcher Stresssituation die richtigen? Im Folgenden kann nur ein Auszug möglicher Handlungsoptionen angerissen werden. Probieren Sie aus, bleiben Sie konsequent an der Umsetzung und bitten Sie in Ihrem Umfeld aktiv um Rat und Unterstützung.

Hör mal, wie süß der schnarcht!
Der Grund für die Röchler kurzschnäuziger Hunde ist nicht lustig: Sie können schlecht atmen. Eine Kampagne der Bundestierärztekammer möchte Tierhalter aufrütteln.

Glück lernen

Wer Glück fühlt und häufig positive Erfahrungen macht, ist bestens gegen Burnout geschützt. Stellen Sie sich die Frage: Sind Sie der glücklichste Mensch der Welt? Jeder Mensch sollte sich als der glücklichste Mensch der Welt fühlen! Die gute Nachricht ist: Glück ist erlernbar. Da Glück aber kaum fassbar ist, erinnern Sie sich im ersten Schritt auf dem Weg zum Glücklichsein an die vielen positiven Momente, die zu Ihrem Leben gehören.

Was also löst die starken positiven Emotionen in Ihren Leben aus? Ist es Begeisterung, Dankbarkeit, Leidenschaft, Liebe, Rührung, Stolz? Reflektieren Sie, was die stärksten positiven Emotionen auslöst. Danach bestimmt sich Ihre Glücksstrategie, die Sie bewusst einsetzen können, um Glücksmomente gezielt auszulösen . Beispiele für Glücksstrategien sind: Optimismus, Dankbarkeit, Humor, Freundlichkeit, Großzügigkeit, Pflege sozialer Beziehungen, Vergeben, Fitness, Sport, Achtsamkeit, Flow-Erfahrungen (eine beglückend erlebte Situation) etc.

Neben dem bewussten Einsatz Ihrer Glückstrategien ist für Ihr Wohlbefinden auch Ihre optimistische Lebenseinstellung, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und ein Ziel vor den Augen zu haben, wichtig.

Atmen entspannt schnell

Die bewusste und tiefe Atmung hilft dem Körper, in Stresssituationen Ruhe und Entspannung zu signalisieren. Sich gezielt zu entspannen, bedeutet gewollt und kontrolliert Einfluss auf körperliche Vorgänge wie auch auf psychisches Empfinden zu nehmen. Die 4-7-8-Atmung (nach Professor Dr. Andrew Well) stellt beispielsweise eine solch beruhigende Atemtechnik dar:

Schritt 1: Fokussieren Sie sich auf die Atmung: Atmen Sie langsam und tief durch die Nase ein und geräuschvoll durch den Mund aus, wiederholen Sie dies fünfmal.

Schritt 2: Positionieren Sie Ihre Zunge: Berühren Sie mit Ihrer Zungenspitze den Gaumen direkt hinter den Schneidezähnen und halten Sie sie dort während der gesamten Übung.

Schritt 3: Lassen Sie die Luft einströmen: Schließen Sie den Mund und atmen Sie durch die Nase ein, während Sie gedanklich bis vier zählen.

Schritt 4: Halten Sie die Luft fest: Halten Sie den Atem an, während Sie gedanklich bis sieben zählen.

Schritt 5: Lassen Sie die Luft ausströmen: Atmen Sie langsam geräuschvoll durch den Mund aus, während Sie gedanklich bis acht zählen.

Schritt 6: Machen Sie drei bis fünf Durchgänge: Wiederholen Sie diese je nach Wirkung und Befinden.

Zur Durchführung dieser Technik machen Sie es sich bequem, es ist egal, ob Sie eine sitzende oder liegende Position dabei bevorzugen.

Sehr gut kombinieren lassen sich Atemübungen mit Entspannungstechniken wie der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen. Bei dieser Technik wird durch eine gezielte Muskelanspannung und dem darauffolgenden abrupten Loslassen der Spannung bestimmter Muskelgruppen eine körperliche und psychische Entspannung erlebt.

Bewusstes Neudenken meiner LEIDsätze zu Leitsätzen

In Leitsätzen sind persönliche Einstellungen und Werte verankert. Sie helfen beim Orientieren, Entscheiden, Motivieren und unterstützen das „Sich-wert-Sein“. Mit einer Umformulierung ihrer gedanklichen LEIDsätze sollen negative Emotionen in positive umgewandelt werden und so Ihre optimistische Lebenseinstellung gestärkt werden.

Ein kleines Beispiel: „Jedes Mal im Notdienst der gleiche Ärger, immer wieder mich anmeckernde, laute und aufbrausende Patientenbesitzer. Aber ich kann doch nichts für lange Wartezeiten oder teure Rechnungen. Da fühlt man sich elend klein, das belastet und verunsichert mich enorm. Unterstützung von den Chefs bekomme ich auch nicht. Immer wenn ich zum Notdienst eingeteilt werde, bekomme ich schon ein Grummeln im Bauch. Freude am Arbeiten habe ich nicht mehr. Eigentlich hatte ich immer gern Kontakt zu den Kunden, aber so …“

Oder: „Ich weiß, dass ich und unser Team richtig gute Arbeit leisten. Meine Arbeit hilft kranken Tieren und ist jeden Cent wert. Ich rechtfertige mich in Konfliktsituationen nicht, sondern erkläre unsere hervorragende Arbeit. Ich bin sicher, dass ich jederzeit Unterstützung durch das Team einfordern kann. So macht mir die Arbeit Spaß, besonders weil ich es liebe, mit Menschen und Tieren zu arbeiten.“

Dieses neue Denken funktioniert natürlich nicht gleich beim ersten Mal, sondern positive Gedanken muss man mehrere Wochen lang trainieren, bis sie Wirkung zeigen.

Immer aktiv, konsequent und bewusst an dem Thema "Stress" zu arbeiten, wird Ihre optimistische Lebenseinstellung fördern und Ihr „Lächeln“ hervorzaubern.

Wie sieht die Arbeit einer TFA in London aus?
Laura Cashman arbeitet in London als „Royal Veterinary Nurse“. Wir haben sie zu ihrer Arbeit als britische TFA interviewt.

Definition Burnout

Psychologin Christina Maslach beschreibt Burnout als einen „Zustand mit emotionaler Erschöpfung, innerer Distanzierung von der Arbeit und reduzierter persönlicher Leistungsfähigkeit“.

Zeichen sind Energiemangel, chronische Müdigkeit, körperliche Beschwerden sowie eine negative Einstellung gegenüber sich selbst und der Arbeit.

Holen Sie sich unbedingt Hilfe bei Ärzten, Psychologen und Coaches, wenn Sie sich psychisch sehr angegriffen fühlen oder Ihre Versuche zur Bewältigung keine positive Wirkung zeigen!

Zum Weiterlesen

Interessierte können in folgenden Broschüren mehr über das Thema erfahren:

  • Kein Stress mit dem Stress – Eine Handlungshilfe für Beschäftigte (Hrsg.: Initiative Neue Qualität der Arbeit, Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – psyGA“)
  • Krank im Job: Burnout und die Folgen.(Hrsg.: Hannoversche Lebensversicherung AG)
  • Entspann dich, Deutschland: TK – Stressstudie 2016 (Hrsg.:Techniker Krankenversicherung)

Seminartipp: Die leitende TFA als Stressmanagerin für sich und das Team

Stressige Situationen wirken tagtäglich auf uns ein. Wie wir diese für uns bewerten und darauf reagieren, entscheidet darüber, ob wir Herausforderungen meistern oder ein chronisch einwirkender Stress unser Leben stark beeinflussen wird.

Heike Knuth gibt im Rahmen der 28.Tagung bpt-INTENSIV Kleintier in Bielefeld am Freitag, den 28.02.2020 ein Seminar für leitende Tiermedizinische Fachangestellte. Dort lernen Sie Präventionsmodelle, Diagnosetools und Kernpunkte des gesunden Führens kennen, die Sie dabei unterstützen, eine entspannte effiziente Arbeitsatmosphäre in Ihrem Praxisteam zu schaffen.

Über die Autorin

Heike Knuth ist Tierärztin und zertifizierter Business Coach, sie berät Tierarztpraxen und gibt Seminare für Tierärzte und Tiermedizinische Fachangestellte.

Kostenfreier Download

Kopie von Heike Knuth_0001.pdf (46 KB)
NEU_Literaturempfehlungen Ausgabe 2_2020.pdf (45.72 KB)

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