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Studie 6. November 2017

Tiervergiftungen in Deutschland

Wie häufig sind Intoxikationen, bei welchen Tierarten treten sie auf und was sind die Auslöser? Ein Interview mit Sarah McFarland über Vergiftungen bei Haus- und Nutztieren.

Von Dr. med. vet. Viola Melchers

Sarah McFarland und ihre Kollegen haben einen ersten Überblick zu Vergiftungen bei Haus- und Nutztieren publiziert. Die Ergebnisse basieren auf Daten aus Deutschland zwischen Januar 2012 und Dezember 2015.

Frau McFarland, worum geht es bei der Studie?

Unsere Daten geben einen Einblick in die Tierarten und Noxen, für die in Deutschland am häufigsten Intoxikationen gemeldet werden. Tierärzte können sich mit diesem Wissen über Symptome und Therapie auf dem Laufenden halten und auch Besitzer informieren, zum Beispiel durch Flyer in der Praxis. Wir haben von 2012–2015 Daten aus fünf Giftinformationszentren (GIZ) gesammelt, der Kleintier- und Pferdeklinik der TiHo, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) – insbesondere unerwünschte Arzneimittelwirkungen aufgrund von Off-label-Anwendung – sowie dem Institut für Pharmakologie der LMU. Man kann diese unterschiedlichen Quellen nicht eins zu eins vergleichen, sondern muss sie gemeinsam betrachten.

Bei welchen Tierarten waren Vergiftungen am häufigsten?

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Bei Hunden und Katzen. Wenn wir von schweren Fällen sprechen, spielten bei Hunden Antikoagulanzien (Rodentizide) eine sehr wichtige Rolle und bei Katzen permethrinhaltige Spot-Ons. In den GIZ gab es auch einige Anfragen zu Schokolade, Batterien und Düngemitteln bei Hunden. Bei Katzen ging es eher um eine Exposition mit Tierarzneimitteln und Pflanzen. Es gab insgesamt wenige gemeldete Fälle bei Pferden und Nutztieren. Auslöser waren hier meist Pestizide und Pflanzen.

Kamen Lebensmittelintoxikationen oft vor?


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Nur bei Hunden. Schokolade spielte eine große Rolle, dann folgten Weintrauben und Rosinen. Es gab auch einige Anfragen zu Avocados und Nüssen. Wir haben bei Schokolade ein saisonales Muster gesehen mit einer Häufung zu Weihnachten, Ostern und im Februar, zum Valentinstag.

Gab es weitere saisonale Häufungen?

Bei Blaualgen im August und September. Pilzvergiftungen treten oft von September bis November auf. Pestizide und Düngemittel vor allem in den wärmeren Monaten, von März bis August/September. Eine Ausnahme waren Rodentizide, hier gab es keine deutliche Abnahme in den kälteren Monaten.

Wünschen Sie sich eine Meldepflicht für Tiervergiftungen?

Eine Meldepflicht kann sehr wertvolle Daten zu Vergiftungen bieten. Ich glaube, dass Deutschland von einer langfristigen, systematischen Erhebung von Daten aus multiplen Quellen profitieren würde, die einen umfassenden Überblick bietet. Im Rahmen eines Pilotprojekts wird zurzeit ein nationales Monitoring von Vergiftungen aufgebaut, das Daten aus GIZ und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zusammenführen soll.

Ich hoffe, dass das zu einem Monitoring von Tiervergiftungen führen wird. Aktuell können Tierärzte dem BfR besonders interessante oder besorgniserregende Fälle melden. Intoxikationen durch Tierarzneimittel werden dem BVL gemeldet. 

Praxistipp: Beratung im Vergiftungsfall gibt es bei den Giftinformationszentren.

Über die Autorin

Als Fachjournalistin arbeitet Dr. med. vet. Viola Melchers vor allem für die Fachzeitschrift Der Praktische Tierarzt und das Portal Vetline.de. Die promovierte Tierärztin schreibt über Spannendes aus der veterinärmedizinischen Praxis und Wissenschaft.

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