Von Dr. med. vet. Anne-Maren Marxen
In vielen Berufen, zum Beispiel bei medizinischen Fachangestellten, sind Stolpern und Stürzen die häufigsten Unfallursachen. Bei Tiermedizinischen Fachangestellten ist es anders, hier steht das Tier als Verursacher mit mehr als 70 Prozent aller Unfälle an erster Stelle. Meist handelt es sich um Katzenbisse, gefolgt von Hundebissen und Verletzungen durch Pferde.
Jeder Biss ist einer zu viel
Daher muss die Prävention von Katzenbissen Vorrang haben. Jeder Biss ist einer zu viel! Viele TFAs, aber auch Tierärztinnen und Tierärzte haben damit bereits leidvolle Erfahrungen gemacht.
Der kleine Film der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zum Thema „Katzenbiss“ ist eine gute Hilfe, sich die für die Praxis passenden Mittel zu überlegen und ein Vorgehen zu besprechen, falls eine Katze sich plötzlich aggressiver zeigt als erwartet. Der Glaube „Katzenflüsterer“ zu sein, hilft da wenig, Anweisungen von erfahrenen Praxismitarbeitern oder -betreibern sollte unbedingt Folge geleistet werden. Natürlich sind besonders kampflustige Patienten oft bekannt. Ursache sind häufig Angst oder starke Schmerzen der kleinen Patienten, auch im Sinne des Tierschutzes sollte mit kurzen Sedierungen nicht zu lange gewartet werden.
Passiert doch etwas, muss auch das weitere Vorgehen im Vorwege festgelegt sein. Bei der BGW kann dazu eine „Handlungshilfe bei Biss-, Schnitt- und Stichverletzungen“ online heruntergeladen oder bestellt werden (BGW 09-20-060 / TP-Hh-6). Oder man nutzt die Arbeitsanweisung im Anhang 4 der neuen TRBA 260 Veterinärmedizin, genaue Ausführungen werden dazu auch im Kapitel 4.3 dieser TRBA gemacht.
Zum Glück ist jeder Mitarbeiter automatisch gesetzlich unfallversichert, auch wenn es keine Versicherungskarte gibt und sich nichts auf dem Lohnzettel findet. Denn den Beitrag für die Gesetzliche Unfallversicherung (BGW, an den Universitäten oder Hochschulen ist es die Unfallkasse) bezahlt ausschließlich der Arbeitgeber.
Wichtig: Wie bei jeder Versicherung ist es erforderlich, einige Dokumentations- und Meldepflichten einzuhalten.
Wenn doch mal etwas passiert ...
Nach einem Unfall sollte man, wie bei jedem Notfall in der Praxis, erst einmal Ruhe bewahren! Gut, wenn es ein Ablaufschema gibt und alle Beteiligtem Bescheid wissen, sprich unterwiesen sind. Folgende Voraussetzungen müssen in jeder Praxis erfüllt sein:
Verbandbuch (gibt es kostenfrei bei den BGW) zur Unfalldokumentation
Verbandkasten (DIN 13157 für Betriebe, ein Autoverbandkasten ist nicht ausreichend)
Liste mit Notrufnummern und dem nächsten Durchgangsarzt
mindestens ein betrieblicher Ersthelfer ab 2 bis zu 20 Beschäftigten (DGUV V1), gibt es mehr als 20 Beschäftigte sollten etwa 10 % der Mitarbeiter Ersthelfer sein
Welche wichtigen Informationen und Hinweise sollen dem behandelnden Arzt weitergeleitet werden?
Ins Verbandbuch sind nur Unfälle von Praxisangehörigen einzutragen, nicht die der Tierbegleiter. Eine Erstversorgung soweit möglich, macht man selbstverständlich immer. Diese sollte für die Begleiter grundsätzlich mit dem Hinweis verbunden sein, dass ein Arzt aufgesucht werden soll. Da betroffene Personen in solchen Situationen oft sehr aufgeregt sind und nicht alles mitbekommen, was ihnen gesagt wird, ist es gut, wenn die TFA die Empfehlung auch unterstützt und noch einmal wiederholt. Nach einem Unfall, beispielsweise einem Katzenbiss, sind Beschäftigte zum Durchgangsarzt zu schicken.
Meldepflicht: Egal ob Arbeits- oder Wegeunfall, wann ist ein Unfall meldepflichtig?
Ergibt sich aus dem Unfall eine Krankschreibung von drei Tagen oder mehr nach dem Tag des Unfalls, handelt es sich um einen sogenannten meldepflichtigen Unfall. Der Arbeitgeber muss eine Meldung an die zuständige Unfallversicherung machen und zwar innerhalb von drei Tagen. Erfolgt keine oder eine kürzere Krankschreibung, handelt es sich um einen nicht meldepflichtigen Unfall. Hier muss nichts unternommen werden.
Melden kann man zwar formlos, aber es ist sinnvoll, gleich online den Meldebogen des Unfallversicherers zu nutzen, bzw. diesen auszudrucken und auszufüllen.
Wichtig: Jeder Unfall ist im Verbandbuch zu dokumentieren, egal ob eine Meldepflicht besteht oder nicht oder ob ein Pflaster oder Verband zum Einsatz kommen.
Ein Durchgangsarzt – kurz: D-Arzt – ist ein Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie oder ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“, der von den Landesverbänden der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eine besondere Zulassung erhalten hat. Die nächsten D-Ärzte lassen sich über die D-Arzt-Suche der DGUV herausfinden. Telefonnummer und Adresse sollten in jeder Praxis vorhanden sein. Überhaupt sollte es eine Liste mit den entsprechenden Notrufnummern, dem nächsten D-Arzt, Fachärzten wie Zahnärzten, Augenärzten und Rettungsdiensten geben.
Wer ist Ersthelfer? Ersthelfer kann nur sein, wer in Erster Hilfe am Menschen ausgebildet ist und alle zwei Jahre an den Auffrischungen teilnimmt. Seit noch gar nicht so langer Zeit ist der Erste Hilfe Kurs nur noch eintägig und es gibt keinen Unterschied zwischen dem Kurs, den man für den Führerschein benötigt und dem für den betrieblichen Ersthelfer (9 x 45 Minuten). Damit man fit bleibt, ist Auffrischung wichtig. Die Unfallversicherung übernimmt die Kosten für den Kurs. Man kann für die Teilnehmer online eine Kostenübernahme einholen.
Pflicht – in der jährlichen Unterweisung der Beschäftigten – ist auf Unfallrisiken, mögliche Erkrankung und wie rechtzeitig vorzugehen ist, hinzuweisen.
Außer Unfällen sind auch Berufskrankheiten bei der Berufsgenossenschaft versichert, hier spielen vor allem Hauterkrankungen eine große Rolle, gefolgt von Allergien und sehr selten auch Infektionen.
Nehmen Sie Ihren Selbstschutz ernst, nur fit und gesund können wir unseren Patienten helfen. Infos der Berufsgenossenschaft finden Sie unter: www.bgw-online.de