Warum brachyzephale Rassen Probleme beim Hören haben
Eine aktuelle Studie an brachyzephalen Rassen zeigt, dass die bei diesen Hunden auftretenden Fehlbildungen des Schädels auch die Hörorgane beeinträchtigen.
sad dog pug lying on the floor
Von Dr. med. vet. Simone Bellair
Dass kurzköpfige Hunde Probleme bei der Atmung und mit den Augen haben, ist bekannt. Die zuchtbedingte Verkürzung des Gesichtsschädels verursacht Malformationen des oberen Atmungstraktes, die eine normale Atmung behindern und zu Atemnot führen. Zusätzlich leiden die Tiere oft an Exophthalmus (Glubschaugen), einer Einwärtskehrung des Augenlids (Entropium) und Hornhautulzera.
Schon länger wird vermutet, dass diese Veränderungen des Gesichtsschädels auch die Anatomie im Bereich des äußeren Gehörganges sowie des Mittelohres verändern. So weisen Französische Bulldoggen und Möpse eine Prädisposition für Otitis externa und media auf.
Auf dem DVG-Jahreskongress 2017 in Berlin stellte Tanja Töpfer aus der Klinik für Kleintiere der VmF Leipzig eine aktuelle Studie vor, in der mittels Computertomografie gezeigt werden konnte, dass brachyzephale Hunde einen signifikant kleineren Durchmesser des Porus acusticus externus - der äußeren Öffnung des knöchernen Gehörgangs - aufweisen als normozephale Kontrolltiere. Weitere pathologische Veränderungen waren eine vermehrte Füllung der Bulla tympanica (Paukenblase) sowie eine weichteildichte Verlegung des knöchernen Gehörgangs. Letztgenannte Beobachtung deckte sich mit otoendoskopischen Untersuchungen: Nur 8 von 150 Trommelfellen konnten eingesehen werden.
Die Arbeitsgruppe um Professor Gerhard Oechtering konnte damit zeigen, dass die Fehlbildungen des Schädels brachyzephaler Hunde auch eine stenotische Deformation des Porus acusticus externus bewirken. Otendoskopisch wurde nachgewiesen, dass dies eine vermehrte Akkumulation von Cerumen (Ohrschmalz) und Haaren sowie eine Verlegung des Trommelfells verursachen kann. Zusätzlich zeigen kurzköpfige Rassen deutlich häufiger eine Füllung des Mittelohres und eine Verdickung der Bullawand. Hierfür könnte ein Entlüftungsproblem der Tuba auditiva (Ohrtrompete/Eustachische Röhre) durch den verdickten weichen Gaumen verantwortlich sein.
Über die Autorin
Als Fachjournalistin recherchiert und schreibt Simone Bellair über aktuelle Themen rund um die Tiermedizin. Die promovierte Tierärztin betreut außerdem die Fachbeiträge in unserer Zeitschrift Der Praktische Tierarzt.
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