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Heimtiere 14. Februar 2024

Allgemeinuntersuchung beim Meerschweinchen

Die allgemeine Untersuchung ist für das Praxisteam die erste und mitunter wichtigste Maßnahme zur Diagnosefindung beim Meerschweinchen.

Langhaarmeerschweinchen der Rasse Sheltie
Langhaarmeerschweinchen der Rasse Sheltie
Inhaltsverzeichnis

Von Dr. med. vet. Franziska Döbelt

Die Allgemeinuntersuchung beginnt mit der Anamnese. Der Vorbericht liefert dem Untersucher in Kombination mit gezielten Fragen an den Besitzer einen ersten Gesamteindruck und gibt Auskunft zum speziellen Krankheitsbild.

Vor der Anamnese empfiehlt sich immer der Blick in die Transportbox, um einen ersten Eindruck über den Zustand des Patienten zu erhalten. Da Meerschweinchen Fluchttiere sind, zeigen sie Symptome meist erst bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf. Insbesondere bei Apathie und/oder starker Atemnot (Dyspnoe) ist die Notfallbehandlung unmittelbar einzuleiten. Die Anamnese erfolgt dann nach Stabilisierung des Patienten. Im Folgenden werden die Anamneseerhebung und der Ablauf der allgemeinen Untersuchung aufgeführt sowie einige physiologische und klinische Informationen zum Meerschweinchen erläutert.

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Allgemeine Anamnese

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Zunächst werden Fragen zur Haltung gestellt:

  • Lebt das Tier in Einzel- oder Gruppenhaltung? Wie viele Tiere leben in der Gruppe und wie setzt sich die Gruppe zusammen? Gibt es Rangordnungskämpfe? Rangordnungskämpfe können zu Hautverletzungen insbesondere im Bereich der Flanken oder an den Ohren führen.

  • Top Job:


  • Gab es Neuzugänge innerhalb der letzten 3 Monate? Diese Frage zielt auf eine mögliche Pilz­erkrankung ab, die häufig in Verbindung mit Neuzugängen und Stress innerhalb der Gruppe assoziiert ist.
  • Leben die Tiere innen oder außen? Oder erhält das Meerschweinchen Freilauf z. B. in der Wohnung? Hat es Zugang zu (potenziell giftigen) Zimmerpflanzen? Wo befindet sich der Käfig in der Wohnung? Bei Außenhaltung sind auch die Art des Stalls und die Gehegeausstattung zu erfragen. Bei zu kleinen Häusern bedrängen sich die Tiere gegenseitig und es kann außerdem zum Hitzestau kommen. Meerschweinchen vertragen einen Hitzestau deutlich schlechter als kältere Temperaturen und erleiden deswegen nicht selten einen Hitzeschock. (Bezüglich der Ausstattung kann beratend auch das Merkblatt 159: „Meerschweinchen“ der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz herangezogen werden)
  • Wie groß ist das Gehege? Als Richtwert gilt: Zwei bis vier Meerschweinchen sollten eine Grundfläche von 2 m² zur Verfügung haben. Für jedes weitere Tier werden mindestens weitere 0,5 m² veranschlagt.
  • Welche Einstreu wird verwendet? Da Meerschweinchen ein sehr reaktives Lungengewebe besitzen, ist es wichtig, auf möglichst staubfreie Einstreu zu achten und diese regelmäßig zu wechseln.
  • Gibt es weitere Tiere im Haushalt und hat der Patient Kontakt zu diesen?
  • Anschließend wird die Fütterung erfragt:

  • Steht den Tieren ständig Heu zur freien Verfügung und wie ist dessen Akzeptanz? Wird das Heu täglich erneuert? Bei Verdacht auf Blasengrieß oder Blasensteine spielt auch die Art des Heus eine Rolle. Manche Heusorten sind reich an Calcium, so z. B. Klee- und Luzernenheu.
  • Erhalten die Tiere Frischfutter (z. B. Gräser, Kräuter, Salate, Kohl, Gemüse, Obst)? Wenn ja, was und wie viel?
  • Erhalten die Tiere Trockenfutter? Wenn ja, welches und wie viel? Bei Mischfuttermitteln gilt es zu bedenken, dass die Tiere selektieren. In dem Zusammenhang ist auch zu erfragen, ob das überschüssige Futter täglich aus dem Gehege entfernt wird.
  • Erhält der Patient zusätzliches Futter wie Vit­aminpräparate, Salzlecksteine, Joghurtdrops oder Ähnliches?
  • Gab es Änderungen in der Fütterung?
  • Haben die Tiere freien Zugang zu einer Nippeltränke oder Trinkschale? Wird das Wasser täglich erneuert? Gibt es Auffälligkeiten bei der Wasseraufnahme?
  • TFA-Wissen: Vitalparameter

    • Lebenserwartung: 6–8 Jahre
    • Herzfrequenz: 230–280 Schläge/min
    • Atemfrequenz: 50–120 Atemzüge/min
    • Körpertemperatur: 37,9–39,7 °C

    Ein Großteil der Erkrankungen wird durch die Haltung und Fütterung beeinflusst, z. B. sind Tiere in einer warmen und feuchten Umgebung prädisponiert für Lungenerkrankungen und Pilzinfektionen. Salzlecksteine können durch das Überangebot an Calcium zur Entstehung einer Urolithiasis (Harnsteine) beitragen. Ein hohes Angebot an Trockenfutter und Leckerlis resultiert häufig in einer verminderten Rohfaseraufnahme wie z. B. Heu. Dies wiederum führt zu einem ungenügenden Zahnabrieb und Zahnerkrankungen.

    Zur allgemeinen Anamnese gehört auch die Frage nach dem Entwurmungsstatus (wann zuletzt und mit welchem Wirkstoff?). Eine Entwurmung erfolgt beim Meerschweinchen selten präventiv (z. B. bei Zuchten), sondern meist bei einer bestehenden Symptomatik und entsprechenden Befunden. In Zuchten und Auffangstationen kann eine regelmäßige vorbeugende Entwurmung empfehlenswert sein (Tab. 1).

    Impfungen sind beim Meerschweinchen nicht notwendig und werden demzufolge nicht erfragt. Angaben zur Herkunft – von privat, aus dem Zoohandel oder vom Züchter stammend – sollten ergänzt werden.

    Gesunde Kaninchen im Außengehge
    Allgemeinuntersuchung beim Kaninchen
    Eine gründliche Anamnese und Untersuchung sind die Grundlage für eine tierärztliche Diagnosestellung und anschließende Behandlung oder Beratung. Welche Schritte gehören beim Kaninchen dazu? Wir geben eine Übersicht für den Check-up.

    Die spezielle Anamnese umfasst Angaben zum aktuellen Krankheitsgeschehen:

  • Wann traten die Symptome zum ersten Mal auf?
  • Welche Symptome sind aufgefallen? Haben sich diese gebessert, sind sie gleich geblieben oder haben sie sich verschlechtert?
  • Wie sind Futter- und Wasseraufnahme? Wird das Futter selektiert? → Zeigt das Meerschweinchen Interesse am Futter, nimmt dann aber keines oder nur bestimmte Futterbestandteile auf, so spricht man von Pseudoanorexie. Diese kann hinweisend auf eine Zahnerkrankung sein.
  • Sind Harn- und Kotabsatz verändert? → Erwachsene Meerschweinchen zeigen selten wässrigen Durchfall (z. B. nach Antibiotikagabe). Meist ist der Kot episodenhaft weicher und in seiner Form verändert.
  • Handelt es sich um eine Einzeltiererkrankung oder zeigen weitere Tiere Symptome?
  • Gib es Vorerkrankungen?
  • Ist bereits eine Vorbehandlung erfolgt? Wenn ja, wie und mit welchen Präparaten?
  • Signalement

    Die Angaben zum Signalement umfassen die Rasse (z. B. grob untergliedert in Langhaarrasse oder Kurzhaarrasse), Farbe, Alter und Geschlecht mit Kastrationsstatus. Eine Besonderheit bei der Farbe und in Bezug auf die Entwicklung spezifischer Erkrankungen stellt sicherlich das Satinmeerschweinchen mit seinem auffallend glänzenden Fell dar. Diese Tiere leiden häufig an einer tödlich verlaufenden Erkrankung der Knochensubstanz, genannt Osteodystrophie.

    Zu jeder Untersuchung gehört auch das aktuelle grammgenaue Gewicht. Generell ist es ratsam, dass die Besitzer ihr Meerschweinchen regelmäßig wiegen und den Gewichtsverlauf dokumentieren. Diese Gewichtskontrolle sollte bestenfalls zum gleichen Tageszeitpunkt − beispielsweise vor der ersten Frischfütterung − erfolgen. Ein schleichender oder abrupter Gewichtsverlust kann somit ebenso wie eine Gewichtszunahme besser überblickt werden. Je nach Größe des Tieres sollte das Idealgewicht zwischen 800–1400 g betragen.

    Klinischer Untersuchungsgang

    Adspektion

    Verhalten: Als Flucht- und Beutetier ist das Meerschweinchen in der ungewohnten Umgebung beim Tierarzt eher zurückhaltend, aber aufmerksam.

    Körperhaltung: Meist präsentiert sich das ängstliche Tier in geduckter Körperhaltung. Manche Meerschweinchen sind durchaus neugierig und erkunden vorsichtig die neue Umgebung. Auffallende Abweichungen sind z. B. aufgeplustertes Fell, die Schonung einer Gliedmaße oder ein aufgekrümmter Rücken.

    Pflegezustand: Das Fell eines gesunden Meerschweinchens sollte dicht sein und einen natürlichen Glanz aufweisen. Besonders bei Langhaarrassen ist auf Verfilzungen zu achten. Generell sollte die Anogenitalregion nicht verklebt und trocken sein. Die Krallen sollten kurz und sauber sein.

    Ernährungszustand: Meerschweinchen haben einen gedrungenen Körperbau. Entsprechend dem Ernährungszustand erfolgt die Einstufung in den Body Condition Score (z. B. 1 unterernährt bis 5 adipös; Abb. 1). Hierfür erfolgt eine adspektorische und palpatorische Beurteilung einzelner Knochenpunkte (z. B. der Rippen, der Dorn- und Querfortsätze der Wirbelkörper und des Beckens). Ein guter Ernährungszustand entspricht einem Body Condition Score 3/5 und ist somit sozusagen ein Mittelwert zwischen den Extremen mager (1/5) und adipös (5/5). Dieser ideale Ernährungszustand zeichnet sich durch leicht fühlbare, aber nicht prominent hervortretende Knochenpunkte (Rippen, Wirbelsäule, Hüfte) sowie einen birnenförmigen Körperbau (die Brust ist schmaler als das Hinterteil) aus.

    Atmung: Die Atmung sollte kostoabdominal, ruhig und regelmäßig sein. Die Beurteilung und Auszählung erfolgen von schräg hinten. Eine hochfrequente, flache Atmung ist ein Zeichen für Schmerzen und tritt auch im Schockzustand auf. Eine abdominal betonte Atmung zeigt sich häufig bei einem Thorax­erguss. Bei einer Pneumonie treten zudem auch laute Atemgeräusche auf. Maulatmung ist ein absoluter Notfall und zeigt sich bei hochgradiger Dyspnoe!

    Haut und Haarkleid: Die Haut sollte auf Kratzwunden, Bissverletzungen, Schuppen, Ektoparasiten und Dermatomykosen untersucht werden. Hinter den Ohren besitzen Meerschweinchen physiologisch eine rundliche, haarlose Stelle (Abb. 2). Die Ballen der Vorderpfoten (Abb. 3a) und Hinterpfoten (Abb. 3b) sind ebenfalls haarlos. Sie sollten sauber und frei von Rötungen oder Schwellungen sein.

    Eine symmetrische Alopezie der Flanken tritt bei einer hormonellen Erkrankung (z. B. Ovarialzysten) auf. Je nach Rasse haben Meerschweinchen kurzes oder langes, glattes oder gelocktes Fell. Das Fell sollte sauber, trocken und frei von Verfilzungen sein. Auf am Fell haftende Ektoparasiten wie Haarlinge oder Pelzmilben ist zu achten.

    Augen: Beide Augen werden auf ihre Symmetrie beurteilt. Das Fell rings um die Augen sollte trocken und ohne Verkrustungen sein. Die Lidbindehäute sind auf Schwellungen oder Rötungen zu untersuchen. Der Tränenpunkt im unteren Augenlid sollte frei zugänglich und nicht verlegt sein. Entleert sich bei leichtem Druck auf den Tränen-Nasen-Kanal weißlich-milchiges Sekret, ist dies hinweisend auf eine Entzündung des Tränen-Nasen-Kanals (Dakryo­zystitis). Anschließend werden Sklera, Kornea, vordere Augenkammer, Pupille und Iris beurteilt. Beim Meerschweinchen zeigt sich häufig eine sogenannte heterotrophe Knochenbildung im Ziliarkörper, die als osseäre Choristie bezeichnet wird und meist keinerlei Beschwerden verursacht (Abb. 4). Ein eventuell vorhandener Augenausfluss wird hinsichtlich seiner Konsistenz und Farbe bewertet.

    Ohren: Zunächst wird die Ohrmuschel auf Verletzungen oder Auflagerungen, wie sie z. B. im Zuge einer Pilzerkrankung auftreten können, untersucht. Zu beachten ist, dass auch gesunde Meerschweinchen deutliche Zerumenauflagerungen in den Ohrmuscheln aufweisen. Der Gehörgang und das Trommelfell werden mit einem Otoskop genauer beurteilt. Der Gehörgang sollte ohne Schwellung oder Rötung sein und das Trommelfell einsehbar und intakt.

    Nase: Die Nasenlöcher und deren Umgebung sollten trocken und frei von Ausfluss oder Auflagerungen sein. In diesem Zusammenhang sind auch die Innenseiten der Vorderpfoten zu betrachten, da sich die Tiere etwaigen Nasenausfluss damit wegwischen. Kapilläre Füllungszeit: Durch leichten, kurzen Druck auf die Maulschleimhaut kann die kapilläre Füllungszeit beurteilt werden. Physiologisch beträgt sie unter zwei Sekunden.

    Maulhöhle: Am wachen Tier kann die Maulhöhle mit einem Otoskop oder Endoskop beurteilt werden. Niemals darf beim unsedierten Meerschweinchen ein Maulspreizer verwendet werden, da dies zu schweren Verletzungen führen kann. Die Untersuchung der Maulhöhle sollte beim Meerschweinchen Bestandteil jeder allgemeinen Untersuchung sein. Zu beachten ist allerdings, dass bei Verdacht auf eine Zahnerkrankung eine umfassende Mauluntersuchung nur in Narkose möglich ist.

    Schneidezähne: Werden die Lippen von einer Hilfsperson vorsichtig hochgezogen, kann der Untersucher die Inzisivi (Schneidezähne) gut von vorne und seitlich beurteilen (Abb. 5a und b). Meerschweinchen besitzen im Ober- und Unterkiefer je zwei Schneidezähne. Diese sollten vollständig, gerade und symmetrisch sein und physiologisch frei von Querriefen oder Rillen. Das Verhältnis der Oberkiefer- zu den Unterkieferinzisivi beträgt 1 : 1,5. Die Schneidezähne sind weiß. Besteht zwischen den oberen beiden Inzisivi eine kleine Lücke, können sich die Zähne durch eingeklemmtes Futter leicht braun färben. Außerdem treten gelegentlich sogenannte Makrodonten auf, also überproportional große Schneidezähne, die zu Entzündungen der Gingiva und des Zahnfachs bis zur Abszessbildung führen können.

    Backenzähne: Einen ersten Eindruck liefert die Untersuchung mittels Otoskop oder Endoskop. Erschwert wird die Untersuchung allerdings durch Futterbestandteile im Maul, Speichelbildung und Kau- sowie Abwehrbewegungen. Da die Backenzähne des Unterkiefers eine Neigung nach lingual (zungenwärts) aufweisen, führt deren übermäßiges Längenwachstum häufig zu einer Brückenbildung über der Zunge. Wird die Zunge in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt, können die Tiere weder kauen noch schlucken. Ein übermäßiges Längenwachstum der nach bukkal (wangenwärts) geneigten Oberkieferbackenzähne kann zu Verletzungen der Wangenschleimhaut und demzufolge Schmerzen beim Kauen führen.

    Palpation

    Hautturgor: Das Aufziehen einer Hautfalte z. B. im Bereich der Rippen gibt Aufschluss über den Hydratationsgrad. Ist dieser gut, sollte die Hautfalte sofort verstreichen. Allerdings besitzen Meerschweinchen eine sehr straffe und vergleichsweise dicke Haut, sodass ein Flüssigkeitsmangel mit einem verzögerten Verstreichen der Hautfalte erst bei höhergradigen Exsikkosen (Austrocknung) auffällt.

    Palpation des Kiefers: Ober- und Unterkiefer werden seitenvergleichend palpiert. Dies gelingt am besten, wenn man sich hinter das Meerschweinchen stellt (Abb. 6). Derbe Auftreibungen oder Umfangsvermehrungen deuten auf eine Zahnerkrankungen hin und bedürfen weiterer Diagnostik.

    Hals: Beginnend am Kehlkopf wird der Hals bis zum Brusteingang palpiert. Dabei ist auf Umfangsvermehrungen zu achten.

    Abdomen: Für das Abtasten des Bauchs sollte das Meerschweinchen auf eine rutschfeste Unterlage gestellt und die Vorderbeine mit einer Hand leicht angehoben werden. Die andere Hand palpiert zunächst mit wenig Druck und dann drucksteigernd. Bei der Palpation des Abdomens ist besonderes Augenmerk auf den Magen-Darm-Trakt zu legen. Schmerzhaftigkeit zeigt sich durch ein Anspannen der Bauchdecke und deutliche Abwehrbewegungen.

  • Der Magen kann je nach Füllungszustand im vorderen linken Bauchraum palpiert werden. Eine teigige oder feste Konsistenz sowie ein praller, harter oder übermäßig mit Gas gefüllter (tympanischer) Magen sind als pathologisch zu bewerten.
  • Die Nieren sind mitunter schwierig zu palpieren, besonders bei adipösen Tieren. Die Oberfläche ist glatt und die Palpation sollte schmerzfrei sein.
  • Der Darmtrakt wird auf seinen Inhalt, Aufgasung oder Kotanschoppung (Verstopfung) überprüft. Häufig sind im rechten kaudalen Abdomen Kotballen tastbar.
  • Die Milz und Leber sind beim gesunden Meerschweinchen palpatorisch nicht zu differenzieren.
  • Ovarien und Uterus: Die Eierstöcke sind hinter dem letzten Rippenbogen beidseitig als rundliche, derb-elastische Strukturen zu fühlen. Da Meerschweinchen sehr häufig Ovarialzysten in unterschiedlicher Ausprägung aufweisen, kann die Größe stark variieren.
  • Der Uterus ist beim gesunden Meerschweinchen nicht zu palpieren.
  • Die Harnblase befindet sich im kaudalen Abdomen und ist je nach Füllungszustand unterschiedlich groß. Bei vorsichtigem Druck entleert sich häufig Harn, der adspektorisch oder weiterführend z. B. auf Harngrieß untersucht werden kann.
  • Mammae: Meerschweinchen besitzen ein Zitzenpaar am kaudalen Unterbauch. Die Zitzen sollten sauber sein und frei von Zubildungen (Abb. 7).

    Röntgenbild eines Kaninchens im rechtsanliegenden ventrodorsalen Strahlengang: Harnblasenstein (Zystolith) im Lumen der Harnblase mit kleineren zusätzlichen Konkrementen.
    Notfälle beim Kleinsäuger erkennen und behandeln
    Bei einem Notfallpatienten kann rasches Handeln und die Stabilisierung des Patienten durch geeignete Maßnahmen lebensrettend sein.

    Anogenitalregion: Anus und Genitale sind physiologisch sauber und trocken. Beim weiblichen Tier befindet sich die Harnröhrenöffnung unmittelbar kranial der Vaginalöffnung (Abb. 8a). Beim männlichen Tier befindet sich die Harnröhrenöffnung im Bereich der Penisspitze.

  • Vagina und Harnröhrenöffnung sollten auf Ausfluss, Rötung und Schwellung untersucht werden. Außerhalb der Brunst ist die Vagina durch eine epitheliale Membran verschlossen. Eine schmerzhafte, derbe Schwellung unmittelbar kranial der Harnröhrenöffnung kann auf eine Urolithiasis (Harnsteine) hinweisen.
  • Der Penis kann durch leichten Druck kranial des Präputiums ausgeschachtet werden (Abb. 8b). Bei Langhaarrassen ist auf Verunreinigungen durch Haare zu achten.
  • Die Hoden befinden sich rechts und links der Anogenitalregion und können auch in die Bauchhöhle zurückgezogen werden. Durch sanften Druck von kranial nach kaudal entlang der Leistenregion lassen sich die Hoden häufig in die Skrotaltasche streichen. Die Hoden sollten weich-elastisch und symmetrisch sein.
  • Die Perinealdrüse liegt zwischen dem Anus und der Geschlechtsöffnung und mündet in die Perinealtasche. Sie ist sowohl bei Weibchen als auch Männchen ausgebildet. Bei Letzterem ist die Perinealdrüse/-tasche deutlich größer und kann durch beträchtliche Sekret- und Kotanschoppungen mit meist weicheren, klebrigen Kotballen verlegt sein.
  • Kaudaldrüse: Diese Drüse befindet sich etwa 1 cm oberhalb des Afters im Kreuzbeinbereich und produziert ein fettiges Talgdrüsensekret. Dies führt zu einer physiologischen leichten Verklebung der Haare in dieser Region (Abb. 9).

    Periphere Lymphknoten: Diese sind physiologisch nicht zu fühlen. Palpiert werden die Bereiche der Lnn. mandibulares, axillares, inguinales und popliteii. Eine Vergrößerung der Lymphknoten am Hals tritt beim Meerschweinchen meist einseitig und mitunter eitrig-abszedierend auf. Axillär bilden Meerschweinchen Fetteinlagerungen, die sich häufig schwierig von den Lymphknoten unterscheiden lassen. Bei generalisiert auftretenden vergrößerten Lymphknoten muss vorrangig an Leukose gedacht werden.

    Puls: Der Puls kann beim Meerschweinchen an der Femoralarterie beurteilt werden. Es wird die Frequenz pro Minute erfasst und auf Regelmäßigkeit, Füllungszustand der Arterie und Stärke der Pulswelle geachtet. Physiologisch entspricht die Pulsfrequenz der Herzfrequenz.

    Auskulation

    Auskultation des Herzens: Der Herzschlag ist beidseitig und sternal auszukultieren und es werden die Schläge pro Minute gezählt. Die physiologische Herzfrequenz beträgt 230–280 Schläge/Minute. Bei einer sehr hohen Herzfrequenz ist das Auszählen schwierig. Es ist auf die Abgesetztheit und Kraft der Herztöne sowie eventuelle Unregelmäßigkeiten und Nebengeräusche zu achten.

    Auskultation der Lunge: Meerschweinchen haben im Vergleich zur Körpergröße ein kleines Lungenfeld. Ein leichtes in- und exspiratorisches, bronchovesikuläres Atemgeräusch ist physiologisch. Abweichend können rasselnde, pfeifende oder gedämpfte Atemgeräusche auftreten. Die Auskultation sollte beidseitig und gegebenenfalls auch im Kehl- oder Trachealbereich erfolgen. Erfasst wird die Anzahl der Atemzüge pro Minute. Die physiologische Atemfrequenz beträgt 50–120 Atemzüge/Minute.

    Magen-Darm-Trakt: Physiologisch sind leise gluckernde Geräusche zu hören.

    Zahnformel Meerschweinchen

    Körpertemperatur

    Die Körperkerntemperatur wird rektal bestimmt und sollte zwischen 37,9 und 39,7 °C betragen. Beim Einführen des Thermometers ist auf eine angemessene Eindringtiefe zu achten, denn ein versehentliches Messen innerhalb der Perinealtasche kann die Werte verfälschen. Kranke Tiere leiden eher unter einer Hypothermie, also < 37,9 °C. Eine deutliche Hyperthermie > 41 °C ist akut lebensgefährlich und tritt z. B. bei einem Hitzschlag auf. 

    Über die Autorin

    Franziska Döbelt hat an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig studiert und promoviert. Seit 2020 arbeitet sie in der Tierklinik Panitzsch (Leipzig) und befindet sich in Weiterbildung zur Fachtierärztin für Klein- und Heimtiere.

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    Tierisch Dabei 3/2023: Häufige Parasiten beim Meerschweinchen

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