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Blutarmut 2. März 2024

Blasse Schleimhäute – was nun?

Die diagnostische Aufarbeitung anämischer Patienten ist anspruchsvoll, denn eine Blutarmut kann viele Ursachen haben.

Blass, blasser, am blassesten: Schlecht durchblutete Schleimhäute sind Anzeichen einer Blutarmut.
Blass, blasser, am blassesten: Schlecht durchblutete Schleimhäute sind Anzeichen einer Blutarmut.
Inhaltsverzeichnis

Von Dr. med. vet. Johanna Rieder und Lea Mevenkamp

Das frühe Identifizieren blasser Schleimhäute durch die Tiermedizinische Fachangestellte kann Leben retten und den Tierärzten essenziell bei der weiteren Behandlung helfen. Die Adspektion der Schleimhäute und die Bestimmung der kapillären Rückfüllungszeit (KFZ;  Abb. 1a und b) stellen hierbei schnell durchzuführende Untersuchungen dar, die eine hohe Aussagekraft haben und dadurch eine gute Ersteinschätzung des Patienten ermöglichen.

Schleimhäute können an der Maulschleimhaut, den Konjunktiven und den Genitalschleimhäuten (Vulva) untersucht werden. Für diese Untersuchung ist insbesondere die Maulschleimhaut der Ort der ersten Wahl, allerdings ist diese oft stark pigmentiert. Eine Beurteilung der Durchblutung ist dann an diesen Stellen also nur bedingt möglich.

Blasse Schleimhäute (Abb. 2) können verschiedene Ursachen haben. Hierzu zählen:

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  • Blutarmut (Anämie)
  • Flüssigkeitsmangel (Hypovolämie)
  • kardiogener Schock
  • Schmerzen

Insbesondere bei einem Volumenmangel oder Herz-Kreislauf-Versagen zeigen unsere Patienten zudem eine verlängerte kapilläre Rückfüllungszeit  und einen schwachen Puls. Natürlich gibt es auch Kombinationen. So leidet z. B. ein Patient mit einem rupturierten (gerissenen) Milz­tumor unter einer Kombination aus hypovolämischem Schock und Anämie. Wichtige weitere Parameter zur Einschätzung eines kreislaufschwachen, unter Umständen anämischen Patienten sind u. a. Herz- und Atemfrequenz, Pulsqualität und Temperatur (Tab. 1). Neben der klinischen Untersuchung ist der Vorbericht bei der Patientenaufnahme zur ersten Einschätzung essenziell. Wichtige Informationen sind der Allgemeinzustand des Patienten inklusive Futter- und Wasseraufnahme, Impf- und Entwurmungshistorie sowie mögliche Auslandsaufenthalte, Medikamente und Grunderkrankungen.


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TFA-Wissen: Kapilläre Rückfüllungszeit: Gut gemacht heißt viel gewusst

Durch den Fingerdruck an der Schleimhaut wird eine lokale Minderdurchblutung erzeugt. Die Zeit, in der das Blut durch ein Nachlassen des Drucks an dieser Stelle zurückfließt, gibt Auskunft über den Kreislaufzustand des Patien­ten. Eine kapilläre Rückfüllungszeit über zwei Sekunden deutet auf einen Schockzustand hin.

Vorstellungsgrund Anämie

Wenn Besitzer sich telefonisch melden und um eine Einschätzung des anämischen Patienten bitten, sollte die Empfehlung immer eine zeitnahe Vorstellung beim Tierarzt sein. Tachykardie (hohe Herzfrequenz), Tachypnoe (hohe Atemfrequenz) und ein schlechtes Allgemeinbefinden (Tab. 1) sind Hinweise darauf, dass das Tier sofort vorgestellt werden muss.

Für die Dringlichkeit des therapeutischen und diagnostischen Vorgehens ist die Dauer der Blutarmut entscheidend. Hunde und Katzen können in einem sehr unterschiedlichen Allgemeinzustand vorgestellt werden. Neben dem Ausmaß der Anämie ist auch deren zeitliche Entwicklung von Bedeutung. Bei einem plötzlichen Verlust (z. B. eine akute Blutung) der roten Blutzellen (Erythrozyten) sind die Patienten kritischer und bei schlechterem Allgemeinbefinden als bei einem langsamen Abfall (z. B. bei hämolytischer Anämie). Bei einer akuten Blutung kommt es zudem zu einem gleichen Verlust von flüssigen und festen Bestandteilen des Blutes und der Hämatokrit (prozentualer Anteil der Blutzellen des gesamten Blutvolumens) kann falsch hoch erscheinen. So sollte bei einem Patienten, der mit sehr schlechtem Allgemeinbefinden und schneeweißen Schleimhäuten vorgestellt wird und dessen Hämatokrit bei ca. 20 % liegt, eine akute Blutung in Betracht gezogen und der Hämato­krit nach dem Ausgleich des Flüssigkeitsmangels kontrolliert werden.

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Formen der Anämie

Grundsätzlich werden Anämien in regenerative und nicht-regenerative Anämien unterschieden (Tab. 2). Zur Unterscheidung wird der Gehalt der Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen, die Retikulozyten, bestimmt. Bei regenerativen Anämien handelt es sich in der Regel um eine Hämolyse oder eine Blutung. In den ersten drei bis fünf Tagen sind hämolytische oder Blutungsanämien nicht-regenerativ.

Regenerative Anämie

Regenerative Anämien entstehen in der Regel durch Blutungen oder Zerstörungen der Erythrozyten (Hämolyse).

Blutungen

Blutungen können aufgrund einer lokalen Läsion oder Verletzung entstehen, z. B. bei einem rupturierten Tumor oder einem Trauma. Aber auch eine systemische Blutgerinnungsstörung kann bei Blutungen zugrunde liegen. Ein Beispiel ist die Aufnahme von Rattengift mit Kumarinderivaten. Hier kommt es zu einer fehlenden Aktivierung der Gerinnungsfaktoren. In der Regel zeigen die Patienten Blutungen in die Brust- und Bauchhöhle, teilweise auch in den Magen-Darm-Trakt, oder Nasenbluten. Hinweise auf eine Kumarinintoxikation können die Bestimmungen der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) und insbesondere eine verlängerte Prothrombinzeit (PT) geben. Hierfür wird Citratblut benötigt.

Auch eine Störung der sogenannten primären Hämostase, des ersten wichtigen Schritts der Blutgerinnung, z. B. bei einem Mangel an Blutplättchen, kann Blutungen auslösen. Klassischerweise kommt es hierbei zu kleinen Einblutungen in Haut und Unterhaut, die als Petechien und Ekchymosen (Abb. 3) bezeichnet werden.

Ein Organprofil kann wichtige Informationen über den Ursprung der Anämie geben. Die Eiweiße sind vor allem bei externem Blutverlust (z. B. Magen-Darm-Trakt, Nasenbluten) erniedrigt. Bei chronischen Magen-Darm-Blutungen zeigen viele Tiere begleitend eine Thrombozytose (Anstieg der Thrombozytenzahl). Bei einem internen Blutverlust (z. B. blutender Milztumor) wird das Blut häufig teilweise rückresorbiert und der Eiweißverlust, der normalerweise durch eine Blutung entsteht, ist nicht stark ausgeprägt.

Fallbeispiel „Bolle“: Akute Blutung

Der 8-jährige Labradorrüde „Bolle“ wurde aufgrund von akuter Schwäche, die seit wenigen Stunden bestand, beim Tierarzt vorgestellt.

Die Erstuntersuchung ergab folgende Befunde:

  • nicht geh- und stehfähig
  • blasse und pappige Schleimhäute
  • kapilläre Rückfüllungszeit bei über zwei Sekunden

Das schlechte Allgemeinbefinden mit blassen Schleimhäuten und die verlängerte KFZ sind deutliche Hinweise auf einen hypovolämischen Schock.

Was nun? Eine schnelle Flüssigkeitstherapie ist wichtig. Somit wurde „Bolle“ ein intravenöser Zugang gelegt und Blut für ein Blutbild und ein Organprofil entnommen. Im Labor waren folgende Werte auffällig:

  • mittelgradige Blutarmut (Anämie mit einem Hämatokrit von 30 %)
  • moderate Erhöhung der Entzündungszellen (Leukozytose mit 16.550/µl)
  • leichte Nierenwerterhöhung (Azotämie)
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Es handelte sich um einen Patienten mit Hypovol­ämie (Schleimhäute blass und pappig, nicht geh- und stehfähig, verlängerte KFZ). Der Hämatokrit ist bei hypovolämischen Patienten erniedrigt – bei einem Ausgleich des Volumenmangels ist also ein Abfall des Hämatokrits zu erwarten.

Bei „Bolle“ war ein wichtiger nächster Schritt, durch bildgebende Verfahren (Sonografie und/oder Röntgen) die Ursachen für den Blutverlust zu suchen und diesen zu lokalisieren. Tatsächlich wurde freie Flüssigkeit in der sonografischen Untersuchung des Bauchraumes gefunden, die sich in der Punktion als blutig (Hämatokrit im Blut in etwa gleich zum Aszites) erwies. Im Ultraschall war die Milz zudem hochgradig strukturell verändert. „Bolle“ wurde nach einem kurzen Tumorstaging (Feststellung des Ausbreitungsgrades) zur Abklärung möglicher Metastasen (Thorax-Röntgen in drei Ebenen, wenn möglich Sonografie des rechten Herzohres) umgehend operiert und die Milz entfernt. In der histopathologischen Untersuchung konnte ein Hämangiosarkom als Auslöser der Milzveränderungen diagnostiziert werden.

Hämolyse

Wenn die Patienten nicht nur blass, sondern auch ikterisch sind, das Plasma rötlich verfärbt ist oder in der Anamnese von einem rötlich verfärbten Urin berichtet wird, sollten Ursachen einer Hämolyse abgeklärt werden. Sind die Autoagglutination (Abb. 4a, b, c, d) und/oder der Coombs-Test (Nachweis u. a. von antierythrozytären Antikörpern, wird in der Regel in externen Laboren aus Vollblut durchgeführt) positiv, ist ein immunvermittelter Prozess wahrscheinlich. Eine immunvermittelte hämolytische Anämie, die primär oder sekundär auftritt, kann z. B. durch Toxine (z. B. Zwiebeln) oder Infektionen (z. B. Babesien) verursacht werden. Eine gewisse Herausforderung ist rötlicher Urin, der durch eine Blutung der harnableitenden Organe (Hämaturie) entstehen kann oder Zeichen einer Zerstörung der roten Blutkörperchen, Hämoglobinurie, ist.

Fallbeispiel „Zora“: Sekundäre immunhämolytische Anämie

Eine neun Jahre alte Airedale Terrier Hündin wurde mit einer seit ein bis zwei Tagen bestehenden Schwäche vorgestellt. Anamnestisch wurde zwei Wochen zuvor eine Mammaleiste entfernt. Die Wunde war gut verheilt, die postoperative Erholungsphase verlief problemlos. Aktuell erhielt sie keine Medikamente und im Ausland war sie ebenfalls nicht gewesen.

Als „Zora“ vorstellig wurde, konnte bei der klinischen Untersuchung Folgendes festgestellt werden:

  • blasse und leicht ikterische Schleimhäute
  • Körpertemperatur von 39,8 °C

In der Laboruntersuchung konnten folgende Befunde erhoben werden:

  • geringgradige Leukozytose
  • hochgradige Anämie (Hämatokrit von 17,7 %)
  • Bilirubin geringgradig erhöht
  • Erhöhung der Vorläuferzellen der Erythrozyten (Retikulozytose)

Die regenerative Anämie (an der erhöhten Anzahl an Retikulozyten erkennbar) und die Bilirubinämie (Erhöhung der Bilirubin-Konzentration im Blut) sprechen für eine Hämolyse. Die Hyperthermie kann auf eine infektiöse Ursache hindeuten, wobei eine immunvermittelte Anämie auch möglich ist.

Was nun? Es wurde eine Therapie mit Doxycyclin aufgrund des Verdachts auf eine Infektionserkrankung gestartet. Begleitend zur Bestimmung eines Anaplasmen-, Ehrlichien- und Babesien-Titers wurde ein Coombs-Test zur Abklärung einer immunvermittelten hämolytischen Anämie eingeleitet. „Zora“ zeigte erfreulicherweise eine rasche Besserung im Blutbild und des Allgemeinbefindens mit sinkender Körpertemperatur. Wenige Tage nach dem Start der Therapie traten ein positiver Anaplasmen-Titer und ein positiver Coombs-Test ein. Die klinische Besserung sprach eher für eine Anaplasma-Infektion als eine reine Autoimmunerkrankung, weswegen eine PCR-Untersuchung zum Antigen-Nachweis nachgefordert und die Therapie mit Doxycyclin fortgeführt wurde. Hier konnte eine Infektion mit Anaplasma phagocytophilum (siehe auch https://www.tfa-wissen.de/wenn-die-zecke-sticht) bestätigt werden. Hierdurch wurde vermutlich eine sekundäre immunhämolytische Anämie ausgelöst.

Blut erfüllt im Körper viele lebenswichtige Aufgaben.
Die Bluttransfusion, der rote Retter
Der Transfusionstherapie gehen eine direkte Indikation und wichtige Untersuchungen voraus, damit die lebensrettende Maßnahme nicht zur Lebensgefahr wird.

Wissenswertes über Anaplasmen

Anaplasma phagocytophilum ist ein Bakterium, welches zur Ordnung der Rickettsiales gehört. Es wird durch Zecken übertragen, siedelt sich in neutrophilen Granulozyten an (obligat intrazellulär lebend) und kann ebenfalls auf den Menschen übertragen werden (Zoonose). In der Regel leiden Betroffene an unspezifischen Symptomen wie Lethargie, wechselnde Lahmheiten, Fieber und hämatologischen Pathologien.

Nicht-regenerative Anämie

Nicht-regenerative Anämien sind ein häufiger Befund chronisch kranker Patienten, wobei die Ausprägung der Anämie in diesen Fällen meistens nur geringgradig ist und somit grundsätzlich keine Therapie der Anämie, sondern der Grunderkrankung ratsam ist.

Weitere Ursachen einer nicht-regenerativen Anämie sind chronische Nierenerkrankungen, Eisenmangel (mikrozytäre, hypochrome Erythrozyten), Knochenmarkserkrankungen, Medikamente, endogener oder exogener Östrogeneinfluss, Infektionen (chronische Ehrlichiose, FIV, FeLV) und Tumorerkrankungen (Tab. 2). Es sind aber auch eine Erkrankung des Immunsystems und eine Beeinflussung der frühen Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen möglich. Eine ausführliche Anamnese, bei welcher Tiermedizinische Fachangestellte gut unterstützen können, beinhaltet die Abfrage von Auslandsaufenthalten, Impfstatus, Ektoparasitenprophylaxe (Zecken!) und Dauermedikation. Danach sollte bei einer fortschreitenden, nicht-regenerativen Anämie eine Knochenmarksuntersuchung durchgeführt werden.

Fallbeispiel „Betty“: Infektion

„Betty“, eine dreijährige, kastrierte Mischlingshündin, wurde aufgrund einer seit einem Tag bestehenden plötzlichen Schwäche vorgestellt. Der Hund war wenige Tage vorher aus Osteuropa eingereist.

In der Allgemeinuntersuchung und aus der Anamnese ergab sich Folgendes:

  • blasse Schleimhäute
  • Cola-farbener Urin
  • Vomitus

Die Laboruntersuchung zeigte folgende Befunde:

  • geringgradig erniedrigte Entzündungszellen (Leukopenie mit 4.140/µl)
  • mittelgradige Blutarmut (Anämie mit einem Hämatokrit von 35 %)
  • hochgradig erniedrigte Blutplättchen (Thrombozytopenie mit 25.000/µl)
  • hochgradig erhöhte Nierenwerte (Azotämie mit Kreatinin von 5,1 mg/dl)
  • geringgradige Bilirubinämie

Die Veränderungen im Blutbild und der Vorbericht machen eine Infektion ggf. mit Babesien recht wahrscheinlich.

Was nun? Das Abzentrifugieren des Urins zeigte eine persistierende, rötlich braune Verfärbung. Dies ist hinweisend für eine Hämoglobinurie, d. h. für eine Ausscheidung von Hämoglobin über die Niere, was in erster Linie durch eine intravasale Hämolyse (Zerstörung der roten Blutkörperchen im Gefäßsystem) entsteht. Bei einer Blutung in der Blase oder der Niere würde sich, im Unterschied zur Hämoglobinurie, beim Zentrifugieren ein Pellet am Röhrchenboden bilden, der Überstand ist klarer.

Im Blutausstrich konnten dann Erreger in den Erythrozyten nachgewiesen werden. Diese sprachen für das Vorliegen einer Infektion mit Babesia canis (siehe auch https://www.tfa-wissen.de/von-der-zecke-zum-hund-babesiose-und-hepatozoonose), passend zu den Blutuntersuchungen und dem Vorbericht. Eine anschließende PCR-Untersuchung (Polymerase-Kettenreaktion) bestätigte den Verdacht. Der Coombs-Test war negativ. Die Therapie erfolgte durch zwei Injektionen mit Imidocarb (Antiprotozoikum gegen Babesia spp.) im Abstand von zehn Tagen. „Betty“ erholte sich schnell und konnte zeitnah entlassen werden.

Zu jeder Indikation gibt es die passende Infusionslösung.
Damit alles wieder fließt
Durch Infusionen lässt sich der Wasserhaushalt dehydrierter Patienten wieder ins Gleichgewicht bringen. Um alles im Fluss zu halten, muss ­jedoch einiges beachtet werden.

Fallbeispiel „Emma“: Neoplasie

„Emma“, eine acht Jahre alte Mischlingshündin, wurde mit einer Vorgeschichte von zunehmender Mattigkeit, die seit einigen Wochen besteht, vorgestellt.

In der Allgemeinuntersuchung zeigten sich blasse Schleimhäute.

In der Laboruntersuchung konnten folgende Befunde erhoben werden:

  • hochgradige Erhöhung der Entzündungszellen (Leukozytose mit 49.000/µl)
  • mittelgradige Blutarmut (Anämie mit einem Hämatokrit von 22 %)
  • mittelgradige Anzahl an Vorläuferzellen (Retikulozyten)

Eine nicht-regenerative Anämie passt zu dem schleichenden Prozess der Vorgeschichte. Das Differenzialblutbild zeigte blastäre (tumorverdächtige) Zellen (Abb. 5).

Was nun? Eine Knochenmarksuntersuchung sollte Gewissheit bringen; es wurde hierdurch die Diagnose einer akuten lymphatischen Leukämie gestellt.

Die Ursache bestimmt die Therapie

Bei den meisten anämischen Patienten muss die Therapie nach Abwägung der einzelnen Differenzialdiagnosen festgelegt werden, da häufig bestimmte Untersuchungsergebnisse erst nach dem Start der Therapie eintreffen.

Sofern eine akute lokale Blutung vorliegt, muss diese gestillt (z. B. Adrenalintupfer bei Nasenbluten, Druckverband bei Wunden) bzw. der Blutungsherd (z. B. blutender Tumor) entfernt werden. Bei hypovolämischen Patienten müssen häufig eine Flüssigkeitsinfusion und eine Bluttransfusion erfolgen. Sofern eine Koagulopathie (Gerinnungsstörung) passend zur Kumarinintoxikation nachgewiesen wurde, ist eine Therapie mit Vitamin K indiziert. Im Fall einer regenerativen Anämie mit Ikterus und Autoagglutination steht der Tierarzt vor der Herausforderung, nach Vorbericht und Auslandsana­mnese, eine Therapie mit Antibiose und ggf. auch eine immunsuppressive Therapie zu starten.

Bei nicht-regenerativen Anämien ist der Verlauf häufig schleichender. Die Therapie richtet sich auch hier nach der Grunderkrankung (z. B. Infektion, Neoplasie, immunvermittelt).

Wissenswertes über Babesien

Babesia canis ist ein einzelliger Parasit (Protozoe) und Erreger der kaninen Babesiose. Er wird durch Zecken übertragen und befällt im Hundekörper die Erythrozyten. Die Babesiose war früher eine typische Reisekrankheit, jedoch sind die Erreger inzwischen auch in Deutschland nachweisbar, womit hierzulande ebenfalls Ansteckungsgefahr besteht.

Über die Autorinnen

Johanna Rieder ist Diplomate of Veterinary Internal Medicine of Companion Animals und arbeitet in der Klinik für Kleintiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Einer ihrer Interessen- und Forschungsschwerpunkte sind Auto­immunerkrankungen und Endokrinologien bei Hund und Katze.

Lea Mevenkamp arbeitet als leitende Tiermedizinische Fachangestellte in der Klinik für Kleintiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Eine ihrer Aufgaben dort ist die Optimierung der Triage in der Anmeldung und ­Notaufnahme.

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Kostenfreier Download

TFA_03-2023_Rieder-Tabelle1.pdf (92.74 KB)
Tierisch Dabei 3/2023: Wichtige Parameter bei der ersten klinischen Untersuchung von Patienten mit blassen Schleimhäuten
TFA_03-2023_Rieder-Tabelle2.pdf (72.92 KB)
Tierisch Dabei 3/2023: Beispiele für unterschiedliche Anämieformen

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