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Reptilien 1. Januar 2018

Europäische Landschildkröten erkennen

Landschildkröten sind sehr beliebte Reptilien und werden auch in kleinen Praxen vorgestellt. Eine Übersicht über Schutzstatus, Haltungsbedingungen und Referenzwerte.

breitrandschildkroete_maennlich_bauch
breitrandschildkroete_maennlich_bauch

Von Hermann Kempf und Sabine Öfner

Nur wenn neben der Art auch das Geschlecht der Schildkröten bekannt ist, können Verhaltens- und Krankheitsprobleme (z. B. Legenot) richtig beurteilt werden. Nicht selten sind Schildkrötenhalter damit überfordert, daher ist es umso wichtiger, dass in der Tierarztpraxis eine klare Zuordnung erfolgen kann. Vier beliebte europäische Landschildkröten möchten wir hier anhand ihrer Merkmale vorstellen:

  • Griechische Landschildkröte (Testudo hermanni)

  • Maurische Landschildkröte (Testudo graeca)

  • Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

  • Vierzehen-Steppenschildkröte (Testudo horsfieldii)

Von allen vier Arten existieren zahlreiche Unterarten und auch Hybride, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen. Für alle Arten gilt, dass eine Geschlechtsbestimmung erst mit Eintritt der Geschlechtsreife (4–6 Jahre) zuverlässig möglich ist. Zudem sind die Panzermerkmale nur dann zuverlässig, wenn ein halbwegs normales Wachstum vorliegt. Massive verwachsene Tiere können deutlich abweichen und somit die Geschlechtsbestimmung massiv beeinflussen.

Griechische Landschildkröte

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Die Griechische Landschildkröte (Europäische Artenschutzverordnung Anhang A) hat eine durchschnittliche Panzerlänge von 20 cm, wobei einzelne Weibchen auch deutlich größer werden können und die meisten Männchen eher kleiner bleiben. Die Grundfarbe ist gelb bis olivfarben, unterbrochen von einer dunklen Fleckung. Der Rückenpanzer (Carapax) ist nur mäßig gewölbt und länglich bis leicht trapezförmig. Der Panzer ist vorne schmaler als hinten. Der Schwanz besitzt immer einen sogenannten Endnagel. Dieser ist arttypisch und reicht zur eindeutigen Zuordnung aus.

Männliche Tiere sind deutlich trapezfömiger als die Weibchen. Dabei wölben sich die Randschilde des Carapax spoilerartig aus. Der Bauchpanzer (Plastron) ist leicht konkav gewölbt, um bei der Paarung ein Abrutschen zu verhindern. Auch der Schwanzausschnitt am Plastron der Männchen ist deutlich weitwinkeliger. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen den Geschlechtern ist der Schwanz, der beim Männchen deutlich breiter und länger ist als beim Weibchen. Die Kloake ist beim Männchen in Relation deutlich weiter kaudal (schwanzwärts) gelegen als beim Weibchen.


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Maurische Landschildkröte

Die Maurischen Landschildkröten (Europäische Artenschutzverordnung Anhang A) variieren je nach Unterart deutlich in Färbung und Größe. Die Tiere werden aber deutlich größer als Griechische Landschildkröten. Einzelne Weibchen können eine Panzerlänge von über 35 cm erreichen und dabei über 5 kg wiegen. Alle Maurischen Landschildkröten haben beidseitig arttypische Hornkegel zwischen Schwanz und Hintergliedmaße. Die Weibchen werden deutlich größer als die Männchen. Auch hier haben die Männchen ein konkaves Plastron und einen deutlich größeren und breiteren Schwanz, der in der Regel seitlich angelegt wird, wohingegen der Schwanz bei den Weibchen gerade nach hinten ragt.

Breitrandschildkröte

Bei den Breitrandschildkröten (Europäische Artenschutzverordnung Anhang A) sind ansatzweise kleine Schenkelsporne ausgebildet. Typisch für die Art ist das helle Plastron mit der paarigen dunklen Dreieckszeichnung. Der Panzer ist länglich und deutlich tailliert. Die Tiere können fast 40 cm Panzerlänge erreichen. Untypisch für die Gattung Testudo werden die Männchen hier größer als die Weibchen. Bei den Männchen ist der breite Rand des Carapax deutlicher ausgeprägt, wodurch die Taillierung noch mehr zur Geltung kommt. Wie auch bei den übrigen Arten sind die Schwänze der Männchen deutlich breiter und länger als die der Weibchen.

Vierzehen-Steppenschildkröte

Die Vierzehen-Steppenschildkröte (Europäische Artenschutzverordnung Anhang B), die auch Russische Landschildkröte genannt wird, weicht in Form und Größe deutlich von den anderen Arten ab. Sie ist deutlich runder, flacher und kleiner als die drei anderen Arten. Je nach Unterart können die Tiere fast durchgehend gelb bis durchgehend schwarz sein. Typisch sind auch die vier Zehen an der Vordergliedmaße, während die anderen drei Arten meistens fünf Zehen an der Vordergliedmaße haben. Wie bei den anderen Arten ist auch hier der Schwanz der Männchen deutlich breiter und länger als bei den Weibchen. Die Männchen besitzen zudem einen kleinen Schwanzendnagel. Eine weitere Besonderheit der Art ist die sogenannte Sommerruhe (Ästivation). Die Tiere ziehen sich auch in den heißen Sommermonaten zurück und vergraben sich, vergleichbar der Hibernation (Winterruhe).

Die Europäische Artenschutzverordnung finden Sie hier.

Über die Autoren

Hermann Kempf hat sich als Tierarzt auf Vögel und Reptilien spezialisiert, er ist Inhaber der Praxis für Exoten in Augsburg (www.exotenpraxis-augsburg.de).

Sabine Öfner ist ausgebildete Tierarzthelferin und Fachtierärztin für Reptilien und arbeitet als leitende Tierärztin in der Auffangstation für Reptilien, München e. V.

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