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Richtig beraten 28. Dezember 2017

Das Impfdebakel: Dos und Don'ts

Unter den Patientenbesitzern gibt es noch immer etliche „Impfmuffel“, die einer Impfung kritisch gegenüberstehen. Hier kann die TFA wertvolle Überzeugungsarbeit leisten.

Von Dr. med. vet. Gabriele Schanen und Martina Schaaf

Es gibt viele Argumente für das Impfen. Infektionskrankheiten können für Tiere tödlich ausgehen, viele bergen zusätzlich ein hohes Ansteckungsrisiko für den Menschen. Eine Impfung verhindert somit Tierleid und schützt gleichzeitig den Besitzer. Bleibt das Haustier gesund, profitiert der Besitzer zusätzlich, denn er spart Behandlungskosten, die beim Ausbruch einer Infektionskrankheit anfallen.

Impfungen sind wichtig, um Epidemien zu verhindern: Gemäß dem Tiergesundheitsgesetz von 2013 (Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen) wurde am Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit) eine ständige Impfkommission Vet. (STIKo Vet.) eingerichtet, die u. a. regelmäßig die Leitlinie zur Impfung von Kleintieren herausgibt. Diese Leitlinie ist rechtlich bindend!

Was passiert bei einer Impfung?

Ein Antigendepot wird unter die Haut gespritzt. Das Impfstoff-Antigen wird von Zellen des Immunsystems, den sogenannten Langerhans-Zellen, aufgenommen und phagozytiert. Die Langerhans-Zellen präsentieren die Antigene an der Oberfläche. Über Lymphgefäße gelangen diese Antigen-präsentierenden Zellen in regionale Lymphknoten: Dort aktivieren sie T-Helferzellen. In Kooperation mit den T-Helferzellen werden die B-Lymphozyten stimuliert (Signal an das Immunsystem). Die Vermehrung der B-Lymphozyten wiederum führt zur Bildung von Plasmazellen, die Immunglobuline (Antikörper) sowie Gedächtniszellen produzieren und ins Blutgefäßsystem abgeben. Diese Gedächtniszellen produzieren ständig Antikörper nach, sodass abgebaute Antikörper immer wieder durch neue ersetzt werden. Die Immunität durch eine Impfung kann somit bis zu 36 Monate anhalten.

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Extrazelluläre Erreger oder Toxine, die zwischen den Zellverbänden ins Gewebe eindringen, werden durch diese Antikörper (B-Zellen) abgewehrt.

Intrazelluläre Erreger (Viren und intrazelluläre Bakterien) jedoch werden von Antikörpern nicht erreicht: Hier greift die zellvermittelte Immunantwort durch Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen, die intrazelluläre Erreger regulieren, neutralisieren und abtöten. Makrophagen phagozytieren in diesem Fall die intrazellulären Erreger und aktivieren das T-Zellsystem durch Antigen-Präsentation. Es folgt die Bildung der zytotoxischen T-Zellen und Gedächtniszellen. Diese zytotoxischen T-Zellen können auch über eine Impfung aktiviert werden.


Top Job:


Aktive Immunisierung

Die klassische Impfung erfolgt über eine aktive Immunisierung. Der verwendete Impfstoff enthält Antigene, der Impfschutz hält relativ lange an. Man unterscheidet hier zwischen sogenannten Lebendimpfstoffen (Impfstoffe mit lebenden stark abgeschwächten Erregern) und Totimpfstoffen (Impfstoffe mit abgetöteten Erregern/inaktivierten Antigenen)

Lebendimpfstoffe

Für Lebendimpfstoffe wird das Antigen in artfremden Zellkulturen (u. a. Affennieren-Zellkulturen, Epithelzellen aus Hundenieren) so abgeschwächt und verändert, dass es sich gerade noch vermehren und eine Immunantwort auslösen kann. Das Antigen ist über lange Zeit verfügbar, daher ist beim ausgewachsenen Tier in der Regel nur eine Injektion nötig. Eine Restvirulenz ist noch erhalten, um schneller einen hohen Antikörpertiter zu erreichen. Dazu löst das abgeschwächte Antigen eine Infektion im Wirt aus, die im gesunden Organismus klinisch jedoch nicht sichtbar ist; Viruspartikel können allerdings ausgeschieden werden. Bei immungeschwächten Tieren besteht jedoch die Gefahr, dass eine Infektion ausgelöst wird. Die Stabilität des Impfstoffes ist gering, er muss unbedingt im Kühlschrank gelagert werden. Die Dauer des Impfschutzes ist lang (bis zu 36 Monate), da eine echte Infektion vorliegt.

Totimpfstoffe

Bei Totimpfstoffen wird das Antigen durch Behandlung so verändert, dass es weder infektiös noch vermehrungsfähig ist, aber eine schützende Immunantwort noch auslöst. Die Vorteile bei einem Impfstoff mit inaktivierten Antigenen liegen darin, dass nach der Impfung ein Streuen von lebenden Viren unwahrscheinlich ist. Dem Impfstoff ist ein Hilfsstoff hinzugefügt, der das Immunsystem aktiviert und auf die Impfung aufmerksam macht. Die Verfügbarkeit des Antigens ist somit nur kurz. Zwei, eventuell auch drei Nachimpfungen sind zu Beginn erforderlich. Die Stabilität dieses Impfstoffes ist lang, die Dauer des Impfschutzes jedoch deutlich kürzer als bei Lebendimpfstoffen (vier bis 24 Monate).

Passive Immunisierung

Unter passiver Immunisierung versteht man die Verabreichung von Antikörpern, die sofort gegen Antigene des Erregers binden können. Damit wirkt eine passive Immunisierung sofort, bietet aber keinen dauerhaften Schutz. Eine natürliche passive Immunisierung stellt die Aufnahme von maternalen (von der Mutter stammenden) Antikörpern durch das Kolostrum (Erstmilch) dar.

Beispiele für eine passive Immunisierung sind die Katzenschnupfen- und Katzenseuche-Prophylaxe bzw. Parvovirose-Prophylaxe beim Hund. Die Impfstoffe enthalten stabilisiertes Pferde-Serumprotein mit neutralisierenden Antikörpern gegen das Canine bzw. Feline Parvovirus sowie das Feline Rhinotracheitis- und Calicivirus.

Bei hohem Infektionsdruck und bei Tieren mit unbekanntem Immunstatus oder bei kranken Tieren kann eine passive Immunisierung mit Immunseren sinnvoll sein, die einen sofortigen Schutz bewirken. Bei diesen Tieren darf jedoch eine aktive Impfung frühestens zwei Wochen nach der Verabreichung des Immunserums durchgeführt werden. Nach diesen zwei Wochen sind die Antikörper des Immunserums langsam wieder abgebaut und die Impfantigene können dann nicht mehr neutralisiert werden.

Über die Autorinnen

Dr. med. vet. Gabriele Schanen ist Fachtierärztin für Kleintiere an der Tierärztlichen Klinik für Kleintiere Trier. Martina Schaaf ist gelernte TFA, Teamleiterin des Sprechstundenteams sowie zuständig für den Impfstoffbestand der Klinik.

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