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Diagnose und Therapie 27. August 2020

Nasenausfluss bei Hund und Katze: Was kann es sein?

Nasenausfluss ist ein klinisches Symptom, hinter dem viele Ursachen stecken können. Welche Diagnose- und Therapiemöglichkeiten gibt es?

Inhaltsverzeichnis

Von Dr. med. vet. Bianka Schulz

Nasenausfluss kann akut oder chronisch, ein- oder beidseitig vorliegen und sich in der Beschaffenheit (blutig, serös, mukös, eitrig) unterscheiden. Um die Ursache herauszufinden, ist in den meisten Fällen eine weiterführende Diagnostik mit Röntgen/CT, Rhinoskopie (Nasenspiegelung) und Biopsieentnahme erforderlich. Mit einer gesicherten Diagnose kann dann die Prognose für den Patienten eingeschätzt und eine zielgerichtete Therapie geplant werden.

Die Differenzialdiagnosen sind vielfältig

Grundkrankheiten bei Hund und Katze, die mit Nasenausfluss einhergehen, sind Infektionen (Katzenschnupfen, Zwingerhusten [Canine Infectious Respiratory Disease, CIRD]), Nasentumoren, chronische Rhinitis, Zahnprobleme, Pilzinfektionen der Nase (Aspergillose, vor allem Hund), Fremdkörper, Polypen (vor allem Katze), Nasenmilben (Hund) und Strikturen/Stenosen der Nasenhöhle. Liegt Nasenbluten (Epistaxis) vor, müssen neben lokalen Problemen in der Nase auch Bluthochdruck (Hypertension) und Gerinnungsstörungen (meist durch verminderte Thrombozyten oder Mangel an Gerinnungsfaktoren) ausgeschlossen werden.

Nasenausfluss kann auch im Zuge von Infektionen der oberen und unteren Atemwege auftreten, beispielsweise bei Zwingerhusten (CIRD), Pneumonien oder Lungenwurminfektionen.

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Katzenschnupfenkomplex

Katzenschnupfensymptomatik wird meist durch Mischinfektionen mit viralen und bakteriellen Erregern verursacht. Als Hauptauslöser gelten das feline Calicivirus (FCV) und das feline Herpesvirus-1 (FHV-1), aber auch Bakterien wie Chlamydia felis, Mycoplasma spp., Bordetella bronchiseptica und bakterielle Sekundärerreger. Die Erreger werden durch Kontakt, Tröpfcheninfektion und auch indirekt über Gegenstände und Personen auf empfängliche Katzen übertragen. Vor allem beim FHV-1 geht man davon aus, dass Katzen lebenslang infiziert bleiben. Eine erneute Ausscheidung mit oder ohne klinische Symptome erfolgt dann häufig nach Stress oder immunsuppressiver Therapie (Kortisongabe).


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Katzenschnupfen geht meist mit Fieber, Apathie, Anorexie, Niesen, Nasenausfluss und Augenausfluss einher, bei FCV-Infektionen treten auch häufig schmerzhafte Ulzerationen im Maulbereich auf. Das FHV verursacht neben Schnupfensymptomatik in vielen Fällen auch Augenveränderungen (Konjunktivitis [Bindehautentzündung], Keratitis [Hornhautentzündung]). An eine Beteiligung von Bakterien wie Chlamydien oder Mykoplasmen sollte man vor allem bei Konjunktivitis denken.

Nachweisen kann man die Erreger über DNA-Nachweise (PCR) aus Tupferproben von Konjunktiven, Rachen, Maulhöhlenveränderungen oder Nasenausfluss. Bei den meisten Katzen mit chronischem Nasenausfluss lassen sich keine Viren nachweisen, sodass der Ausdruck „chronischer Katzenschnupfen“ in diesen Fällen meist nicht gerechtfertigt ist. Die Therapie umfasst Schleimlöser, Inhalation, Schmerzmittel bei Ulzerationen, Immunserum (Feliserin PLUS), Augensalben und Antibiotika; eine antivirale Therapie ist nur gegen FHV-1 möglich. Die Impfung gegen FCV und FHV-1 gehört zur Basisimpfung, die jede Katze, auch Wohnungskatzen, erhalten sollte. Durch die Impfung kann zwar eine Ansteckung mit Erregern nicht verhindert werden, meist schützt sie aber vor dem Auftreten schwerer klinischer Symptome.

CIRD („Zwingerhusten“)

Der „Canine infektiöse respiratorische Erkrankungskomplex“ (CIRD, ehemals „Zwingerhusten“) ist eine Komplexerkrankung, die beim Hund durch verschiedene virale (canines Adenovirus-2, canines Parainfluenzavirus und viele weitere) und bakterielle Atemwegserreger (Bordetella bronchiseptica, Mycoplasma cynos) ausgelöst wird. Faktoren wie Alter (Jungtiere erkranken häufiger und schwerer), Lebensraum (Tierheim, viele Hundekontakte) und Hygiene spielen eine große Rolle bei der Entstehung der Krankheit. Unkomplizierte Infektionen verlaufen mit Husten und Würgen und oftmals Nasenausfluss über 7–10 Tage. Komplizierte CIRD-Erkrankungen können mit Fieber, schlechtem Allgemeinbefinden und Pneumonie-Symptomen einhergehen oder der Verlauf kann bei bakterieller Beteiligung chronisch werden. Verschiedene virale und bakterielle Erreger können mittels PCR aus Nasen-/Rachentupfern nachgewiesen werden. Die Therapie richtet sich nach dem Verlauf der Infektion. Unkomplizierte Fälle mit gutem Allgemeinbefinden benötigen kein Antibiotikum, sondern nur symptomatische Therapie (Schleimlöser, Inhalation). Schwere oder chronische Formen müssen zusätzlich antibiotisch behandelt werden.

Nasentumore

An Neoplasien (Tumore) der Nasenhöhle erkranken meist ältere Katzen über zehn Jahre und Hunde im mittleren bis höheren Alter. Während bei der Katze am häufigsten Lymphome (meist auf die Nasenhöhle begrenzt) und verschiedene Karzinome vorkommen, treten beim Hund Karzinome und seltener andere Tumorarten wie Sarkome auf. Nasentumoren wachsen lokal sehr invasiv in angrenzendes Weichteilgewebe, Knochen oder Gehirn, metastasieren aber selten in andere Organe. Neben Nasenausfluss, oft anfangs einseitig, tritt durch das Tumorwachstum meist zunehmend eine Verlegung der Nasenhöhle auf, welche Atemgeräusche und Atemnot als Folge hat. Vor allem Katzen sind ausgeprägte Nasenatmer und stellen sich bei einer verlegten/verstopften Nase ungern auf Maulatmung um. In manchen Fällen kann eine Gesichtsschwellung oder eine Vorwölbung des Gaumens durch die Tumormasse beobachtet werden (Abb. 1). Der Nachweis eines Nasentumors erfordert bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT), die der Röntgendiagnostik hier deutlich überlegen ist, gefolgt von der endoskopischen Untersuchung der Nasenhöhle und histologischen Probenentnahme (Abb. 2). Therapeutisch gilt die Bestrahlungstherapie, die in einigen tiermedizinischen Überweisungszentren verfügbar ist, als Therapie der Wahl, um ein Tumorwachstum aufzuhalten und klinische Symptome zu verbessern. Eine Heilung ist zwar meist nicht möglich, aber in vielen Fällen können die Patienten bei guter Lebensqualität von Überlebenszeiten von einem Jahr und länger profitieren.

Chronische Rhinitis

Die Ursache für chronische Entzündungen von Nasenhöhle und Nebenhöhlen ist bei Hund und Katze ungeklärt. Die Rhinosinusitis (Entzündung von Nase und Nebenhöhlen) verläuft meist chronisch und ist nicht heilbar. Der Nasenausfluss kann auch hier ein- oder beidseits vorhanden sein und auch hier haben viele Tiere Probleme mit der Atmung, da die Nasenhöhle durch Sekretmassen komplett verlegt sein kann. Als Auslöser werden vorausgegangene Infektionen, aber auch Umweltreize, allergische und autoimmune Prozesse vermutet. Die Diagnose erfordert eine histologische Untersuchung von Nasenhöhlenbiopsie-Proben, die eine Beteiligung verschiedener Entzündungszellen (neutrophile Granulozyten, Lymphozyten und Plasmazellen, manchmal eosinophile Granulozyten) nachweisen. Die Diagnosestellung erfordert neben der Histologie den Ausschluss anderer Ursachen (Tumore, Fremdkörper, Zahnprobleme) mithilfe von CT und Endoskopie. Bakterien sind hier immer sekundär beteiligt, sodass sich die Patienten auf Antibiotikatherapie zwar oft bessern, es nach dem Absetzen aber meist zur Wiederkehr der Symptome kommt. Andere Therapieansätze sind entzündungshemmende Therapeutika wie Kortisonpräparate (systemisch oder inhalativ) oder nicht-steroidale Antiphlogistika (beispielsweise Meloxicam) und schleimlösende Medikamente (Acetylcystein, Bromhexin). Inhalation und Nasenspülungen mit Kochsalzlösung (Abb. 3) können sehr hilfreich sein, um die Nasenhöhle von zähen Sekreten zu befreien.

Aspergillose

Pilzinfektionen der Nase und der Nebenhöhlen treten beim Hund gelegentlich, bei der Katze nur sehr selten auf. Aspergillen und verwandte Schimmelpilzarten gelten als fakultativ pathogene Keime, die über die Atemwege aus der Umgebung aufgenommen werden. Wahrscheinlich spielt die lokale Immunabwehr eine Rolle bei der Entstehung von Aspergillosen der Nasenhöhle. Während jüngere langnasige Hunde meist großer Rassen prädis-poniert sind, scheint bei Katzen eine Prädisposition bei brachyzephalen (kurznasigen) Rassen vorzuliegen.

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Im Gegensatz zur Aspergillose des Hundes, bei der die Krankheit immer sinunasal (in Nasenhöhle und oft auch Stirnhöhle) lokalisiert ist, können bei der Katze zwei verschiedene Formen auftreten. Neben einer sinunasalen Form gibt es auch eine sinuorbitale, bei der die Orbita (Augenhöhle) von der Infektion mitbetroffen ist. Während Hunde und Katzen mit einer sinunasalen Form ein- oder später auch beidseitigen Nasenausfluss und oft auch Ulzerationen des Nasenspiegels zeigen(Abb. 4), fällt bei der sinuorbitalen Aspergillose eine Schwellung im Bereich der Augenhöhle auf, die differenzialdiagnostisch an einen Tumor denken lässt und sich in CT oder Röntgendiagnostik auch ähnlich darstellt. Die sinunasale Form zeigt sich diagnostisch im CT mit Atrophie (Verlust) der intranasalen Conchenstrukturen (Nasenmuscheln) und endoskopisch sind typischerweise weißlich-graue Pilzbeläge (Abb. 5) auf der Schleimhaut darstellbar. Die Diagnose wird über zytologischen, histologischen oder kulturellen Nachweis aus Biopsiematerial nachgewiesen. Therapeutisch muss das Pilzmaterial endoskopisch oder chirurgisch entfernt werden, was meist in Kombination mit einer Spülung der Nasenhöhle mit Antimykotika geschieht. Oft wird anschließend zusätzlich ein systemisches Antimykotikum gegeben.

Zahnprobleme

Zahnwurzelprozesse und oronasale Fisteln sind seltene Ursachen für nasale Probleme und Nasenausfluss bei Hund und Katze. Betroffene Tiere können durch Schmerzen beim Fressen, Futterverweigerung und Maulgeruch auffallen; der Nasenausfluss ist typischerweise einseitig. Bei der Untersuchung der Maulhöhle können Schwellungen des Zahnfleischs um den betroffenen Zahn, Blutung und eitrige Sekretion bei Druck auf den betroffenen Zahn auffallen. Zahnröntgenaufnahmen in Narkose können den betroffenen Zahn lokalisieren. Die Therapie besteht in der operativen Extraktion des betroffenen Zahns/der betroffenen Zähne und Verschluss der Fistel.

Polypen

Nasopharyngeale Polypen treten meist bei jungen Katzen auf; ihre Ursache ist bisher unbekannt. Die gutartigen Zubildungen entstammen dem Mittelohr und wachsen von dort entweder in den Gehörgang, wo sie Anzeichen einer Otitis verursachen oder über die Eustachische Röhre in den Nasenrachen, wo sie eine Größe von ein bis zwei Zentimetern erreichen können. Je nach Lokalisation zeigen betroffene Katzen Kopfschiefhaltung, Gleichgewichtsstörungen und Otitis-Symptome oder bei Verlegung des Nasenrachens Würgen, Probleme beim Fressen, Gewichtsverlust oder Wachstumsstörungen, Atemgeräusche und Maulatmung. Besteht der Verdacht auf einen Polypen, sollte neben einer otoskopischen Untersuchung (Spiegelung des äußeren Gehörgangs und Trommelfells) auch eine Endoskopie des Nasenrachens erfolgen. Optimalerweise wird vorher im CT das genaue Ausmaß des Polypen und eine mögliche Mittelohrbeteiligung beurteilt. Die Entfernung erfolgt bei Polypen im Nasenrachen manuell endoskopisch oder chirurgisch und bei Beteiligung der Paukenhöhle mittels chirurgischer Eröffnung des Mittelohrs (Bullaosteotomie).

Nasenmilben

Die Nasenmilben des Hundes (Pneumonyssoides caninum) leben auf den Schleimhäuten von Nasenhöhle, -rachen und -nebenhöhlen. Hauptsymptom ist meist heftiges Niesen und Rückwärtsniesen, gelegentlich tritt auch etwas Nasenausfluss auf. Nasenmilben sind nur für Hunde und Wildkaniden infektiös. Diagnostizieren kann man einen Milbenbefall durch eine diagnostische Therapie (Besserung nach Therapie) mit einem geeigneten Antiparasitikum oder dem Nachweis in der Rhinoskopie. Da Nasenmilben für Hunde infektiös sind, sollten immer alle Hunde eines Haushalts behandelt werden.

Nasale Fremdkörper

Nasale oder nasopharyngeale (im Nasenrachen lokalisierte) Fremdkörper treten häufiger bei Katzen auf und sind in vielen Fällen pflanzlichen Ursprungs. Neben Grashalmen oder anderen Pflanzen wurden auch Federn, Haarballen und Futterpartikel beschrieben (Abb. 6). Die Fremdkörper gelangen meist nach missglückter oraler Aufnahme über den Nasenrachen in die Nasenhöhle und setzen sich dort fest. In den ersten Stunden und Tagen nach Fremdkörperaufnahme zeigen viele Tiere Unruhe, Niesen, Würgen und Reiben mit der Pfote an der Nase. Bleibt der Fremdkörper chronisch bestehen, entsteht eine bakterielle Sekundärinfektion und Nasenausfluss, der meist einseitig auftritt. Bei Verdacht auf einen Fremdkörper ist die endoskopische Untersuchung von Nasenhöhle und Nasenrachen indiziert (Abb. 7), die Fremdkörperentfernung erfolgt in der Regel unter Sichtkontrolle mit einer Zange oder durch Spülung der Nase mit Kochsalzlösung.

Nasopharyngeale Stenose

Vor allem bei Katzen treten gelegentlich Stenosen oder Pseudomembranen in der Nasenhöhle oder im Nasenrachen auf. Man vermutet, dass die gutartigen Zubildungen von Gewebe/Membranen durch Reize wie Infektionen oder Fremdkörper ausgelöst werden. Betroffene Tiere zeigen je nach Grad der Zubildung laute Atemgeräusche, Atemnot, Maulatmung und evtl. leichten Nasenausfluss. Die Diagnose kann auch hier endoskopisch gestellt werden. Eine Therapie erfolgt durch Erweiterung der Engstelle mit einem Ballonierungskatheter unter endoskopischer Kontrolle, Einsatz eines Stents oder chirurgisch.

Über die Autorin

Privatdozentin Dr. med. vet. Bianka Schulz arbeitet als Oberärztin für Innere Medizin an der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilian-Universität in München.

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