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Urlaubszeit & Haustiere 8. August 2023

Reisen – Hunde und Katzen im Transportstress

Immer mehr Hunde und Katzen reisen mit ihren Besitzern um die Welt. Wie sehr beeinträchtigt der Transport das Tierwohl und was hilft beim Stressmanagement?

Eine Reise mit Katze bedarf sorgfältiger Vorbereitung, um das Stresslevel so niedrig wie möglich zu halten.
Eine Reise mit Katze bedarf sorgfältiger Vorbereitung, um das Stresslevel so niedrig wie möglich zu halten.

Mit dem Auto in den Urlaub oder per Flugzeug an einen neuen Wohnort – Tiere gehen mit zunehmender Mobilität der Menschen immer häufiger auf Reisen. Eine italienische Forschergruppe hat in einer aktuellen Übersichtsarbeit Studien zum Tierwohl von Hunden und Katzen auf Transporten zusammengefasst. Ein weiterer aktueller Übersichtsartikel gibt praxisnahe Tipps zum Stressmanagement von Katzen auf Flugreisen.

Rechtliche Vorgaben für Reisen in Europa

Kommerzielle Tiertransporte in Europa werden von Verordnung (EU) 1/2005 geregelt. Für reisende Hunde und Katzen gelten nur wenige Regeln, die insbesondere im Rahmen illegaler Welpentransporte zudem häufig nicht eingehalten werden. Vorgeschrieben ist ein sachkundiger Fahrer oder Begleiter. Wie andere Tiere dürfen Hunde und Katzen nur transportiert werden, wenn sie reisefähig sind, also beispielsweise nicht am Ende der Trächtigkeit. Die Tiere müssen in Intervallen von nicht mehr als 24 Stunden gefüttert werden und mindestens alle acht Stunden Wasser bekommen. Es ist vorgeschrieben, dass Transportboxen immer aufrecht transportiert werden müssen, die Größe ist jedoch nicht reguliert. Für private Transporte von weniger als fünf Tieren gelten diese Vorschriften nicht, Verordnung (EU) 576/2013 schreibt aber grundsätzlich eine Kennzeichnung per Microchip vor, einen gültigen Europäischen Heimtierausweis und eine Tollwutimpfung. Welpen können daher frühestens im Alter von 15 Monaten reisen. 

Für nationale und internationale Flüge werden die Anforderungen von der International Air Transport Association (IATA) festgelegt, z. B. Angaben zu Größe und Ausstattung von Transportboxen. Die IATA erlaubt weder weibliche Tiere mit säugenden Jungen noch läufige Hündinnen im Flugzeug. Eine Liste von Tieren, die auf Lufttransporten nicht gestattet sind, enthält u. a. mehrere brachycephale Hunde- und Katzenrassen.

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Hund und Katze im Transportstress

Die Autoren des Übersichtsartikels listen einige, zumeist kleinere Studien auf, die zeigen, dass Hunde auf Transporte mit Stress reagieren. So veröffentlichte eine österreichische Forschergruppe um Prof. Dr. Christine Aurich 2020 eine Studie, welche die Stressantwort von 20 Beagles auf wiederholte, kurze Transporte untersuchte. Das Fazit: Stress beim Transport war offensichtlich und manifestierte sich in Verhaltensänderungen und den physiologischen Stressparametern Anstieg der Herzrate, vermehrte Kortisol-Freisetzung sowie einem höheren Anteil von Neutrophilen an den Lymphozyten. Zumindest innerhalb der wenigen Wochen, welche die Studie andauerte, setzte trotz wiederholter Fahrten keine Habituation ein. Andere Untersuchungen zeigen aber einen positiven Effekt einer frühzeitigen Gewöhnung an Transporte. Eine bereits 2012 publizierte Umfrage unter den Besitzern von 907 Hunden ergab, dass fast ein Viertel dieser Tiere nach Empfinden der Besitzer Probleme mit dem Transport hatte. Hunde, die seit dem Welpenalter an Autofahrten gewöhnt waren, reagierten signifikant seltener negativ darauf als Tiere, die als Adulte zum ersten Mal transportiert wurden. Insgesamt scheint frühzeitige Gewöhnung bzw. ein Training mittels positiver Verstärkung der vielversprechendste Ansatz, um Transportstress bei Hunden zu reduzieren.


Top Job:


Es gibt kaum wissenschaftliche Studien zu Katzen auf Reisen, aber viele Hinweise, dass Transporte für sie extremen Stress bedeuten können – was manchmal dazu führt, dass Besitzer sogar die Fahrt zum Tierarzt vermeiden. Auch hier unterstreicht die vorhandene Evidenz die Bedeutung einer frühzeitigen Gewöhnung an Transportbox und Autofahrten mithilfe von positiver Verstärkung.

Katzen im Flugzeug

Verhaltensspezialistinnen Katrin Jahn und Theresa DePorter haben einen Artikel zum Stressmanagement von Katzen bei Flugreisen veröffentlicht, der zahlreiche Ratschläge aus der praktischen Erfahrung der Autorinnen enthält. Wichtig sind eine sorgfältige Vor- und Nachbereitung der Reise und ein multimodales Stressmanagement. Möglichst lange vor dem Transport muss die Katze sorgfältig untersucht werden: Ist sie gesundheitlich und mental fähig zu fliegen? Auch die Gewöhnung an die Transportbox beginnt so früh wie möglich. Die Box muss den Vorschriften der Airline entsprechen und sollte bei einer Reise in der Kabine aus weichem Material, sonst aus festem Plastik oder Holz, ausreichend groß und gut belüftet sein. Auf den Boden kann ein Polster aus absorbierendem Material geklebt werden. Ein zusätzliches Gitter vor der Tür verhindert, dass Pfoten hindurchgesteckt werden. Für die Reise kann die Box mit einem Pheromon-Spray präpariert werden. Direkt vor dem Flug sollte die Umgebung der Katze so reizarm wie möglich gehalten werden (ein Tuch über der Box, keine lauten Geräusche, saubere und geruchsarme Umgebung, katzenfreundliches Handling). Es ist häufig üblich, die Katze schon zwei bis drei Stunden vor Abflug nicht mehr zu füttern. Weil das häufig zu sehr langen Fastenzeiten führt, raten die Autorinnen davon ab, außer bei bekannter Reiseübelkeit. Wasser für die Reise kann in einer Schüssel eingefroren werden. Bei Reisen über sechs Stunden sollte ein Trichter zum Nachfüllen an der Box befestigt werden. Nach dem Flug sollte die Katze langsam an ihre neue Umgebung gewöhnt werden (Tücher mit bekannten Gerüchen, Pheromon-Diffusor, bekannte Einrichtungsgegenstände, ein ruhiger Raum). Zwei Katzen aus demselben Haushalt müssen erneut schrittweise aneinander gewöhnt werden.

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Medikation beim Katzentransport

Bestimmte Supplemente oder Diäten können zum multimodalen Stressmanagement beitragen. Die Autoren nennen Alpha-Casozepin, L-Theanin und Tryptophan. Gegen Reiseübelkeit kann Maropitant eingesetzt werden. Eine Sedierung auf Flügen ist nicht gestattet. Möglich ist aber die Anwendung moderner Anxiolytika. In Europa ist für die Indikation „Transportangst“ nur Pregabalin für Katzen zugelassen. Die Autoren haben vor allem mit Gabapentin Erfahrungen. Sie empfehlen, die optimale Anxiolytika-Dosis für die Reise weit im Vorfeld über Versuchsdosen auszutesten. Katzen sollten ruhig, aber wach sein und Bewegungen der Transportbox ausbalancieren können. Ataxie oder Sedation beim Check-in können dazu führen, dass die Airline den Transport ablehnt. (Viola Melchers)

Hier und hier finden Sie die beiden Originalpublikationen.

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