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Heimtier

Verhaltensprobleme bei kleinen Heimtieren

Kleinnager sind beliebte Haustiere. Welche Verhaltensauffälligkeiten bei nicht artgerechter Haltung auftreten können, lesen Sie hier.

Gruppe kleiner Heimtiere

Von Dr. med. vet. Patricia Solms und Daniela Rickert

Die Ordnung der Nagetiere (Rodentia) ist die größte und artenreichste Gruppe der Säugetiere. Je nach Autor schwankt die Zahl der Nagerarten zwischen 1700–3000. Dies entspricht ca. 40–70 % der Säugetiere. Sie hat je nach Autor zwischen vier bis sieben Unterordnungen. Die derzeit gebräuchlichste Einteilung ist Folgende:

  • Mäuseverwandte (Myomorpha)
  • Stachelschweinverwandte (Hystricognathi)
  • Hörnchenverwandte (Sciuromorpha)
  • Dornschwanzhörnchenverwandte (Anomaluromorpha)

Das Spektrum der im Zoofachhandel angebotenen Tierarten ist einem dauernden Wandel aufgrund von wechselnder Nachfrage („Mode“) unterworfen und ständig kommen neue Arten hinzu.

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Kleines Heimtier, unproblematische Haltung?

Viele Kleinnager weisen bei der Haltung in menschlicher Obhut unerwünschtes Verhalten und auch Verhaltensstörungen auf. Oft werden diese Tiere ohne die nötige Beratung verkauft und an Halter abgegeben, welche nicht immer über das nötige Wissen bezüglich Haltung und Fütterung verfügen. Da Kleinnager häufig als erstes Haustier für Kinder angeschafft werden, ist die Aufklärung (auch der Kinder) über artgerechte Haltung dringend notwendig. Nach Meinung der Autorinnen sind Kleinnager, insbesondere für jüngere Kinder, nicht die beste Wahl und sollten daher von den Experten auch nur gut überlegt empfohlen werden.

Wo können Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten liegen?

Häufig gelangen neue Arten in den Zoofachhandel, ohne dass genügend biologische Daten aus Freilandbeobachtungen vorhanden sind. Die natürliche Lebensweise dieser Tiere nimmt jedoch erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Tiere in menschlicher Obhut. Die Ursachen vieler Verhaltensprobleme ergeben sich bei Betrachtung des Verhaltens der Tiere in ihrer natürlichen Umgebung. Oft entsteht ein Problemverhalten durch fehlende Bedürfnisbefriedigung. Mit diesem Problemverhalten und den Folgen davon wird auch das tiermedizinische Fachpersonal konfrontiert.

Schritt 1: Kotprobe aufnehmen
Die Verschlusskappe wird geöffnet und der grüne Einsatz herausgenommen. Mit dem Ende des Einsatzes kann die Kotprobe problemlos aufgenommen werden.
Flotationsverfahren in der Tierarztpraxis
Kotuntersuchungen mithilfe des Flotationsverfahrens gehören zum Praxisalltag. Wir zeigen Ihnen, wie Sie dieses koproskopische Nachweisverfahren mit einem Testkit korrekt durchführen.

Welche Verhaltensauffälligkeiten können auftreten?

Das am häufigsten auftretende unerwünschte Verhalten ist die Aggressivität gegenüber Artgenossen (intraspezifische Aggression) und dem Menschen (interspezifische Aggression), wobei zusätzlich Angst und Furcht eine Rolle spielen können. Angst kann als ein Grundgefühl definiert werden, dass sich in als bedrohlich empfundenen Situationen in Form von Besorgnis und unlustbetonter Erregung äußert. Dagegen wird Furcht als Reaktion des Bewusstseins auf eine konkrete Gefahr bezeichnet.

Kannibalismus und Kronismus

Werden die ersten Anzeichen von Angst nicht rechtzeitig bemerkt und keine Gegenmaßnahmen ergriffen, kann es zu Kannibalismus (Fressen von Artgenossen) und auch Kronismus (Fressen der eigenen Nachkommen) kommen. Kronismus kommt bei einigen Kleinsäugern auch regelmäßig bei einer Proteinmangelernährung oder zu häufiger Nestkontrolle durch den Besitzer vor, Kannibalismus bei Wasser- und/oder Platzmangel.

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Abnormal-repetitives Verhalten

Häufig auftretende Verhaltensstörungen sind abnormal-repetitive Verhaltensweisen (ARV). Sie umfassen Verhalten, welches unangemessen wiederholt auftritt und invariabel im Ablauf und/oder in dessen Orientierung ist. Abnormal-repetitive Verhaltensweisen erscheinen funktionslos, können Automutilation beinhalten und sind oft sonderbar in ihrer Erscheinung. Dazu gehören z. B. stereotypes Graben oder Gitternagen. Sie sind die Folge ungeeigneter Haltungsbedingungen.

Über die Autorinnen

Dr. med. vet. Patricia Solms ist Tierärztin und Praxisinhaberin mit der Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie. Sie ist zudem Sachverständige für Sachkunde- und Wesensprüfungen.

Daniela Rickert ist Fachtierärztin für Tierschutz, arbeitet als Amtstierärztin und ist Leiterin des Arbeitskreises Zoofachhandel und Heimtiere der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e. V. (TVT).

Möchten Sie mehr über die artspezifischen Bedürfnisse verschiedener Kleinnager erfahren? Dann lesen sie gerne auch unsere Steckbriefe über die gängigsten Kleinsäuger, die in der tierärztlichen Praxis vorstellig werden:

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